Musikspecial


Wenn Sie ein Lied wären, welches wären Sie?

"Ich wäre weniger ein Lied, vielmehr eine Komposition"

Joja Wendt

Foto: Marion Graeber





Im Gespräch mit Joja Wendt

Marion Graeber


Hallo lieber Herr Wendt, vielen Dank, dass Sie Zeit für mich haben. Da freue ich mich sehr…
Wie schön, dass wir uns jetzt hier gefunden haben.

Wir haben uns ja schon auf Sylt gesehen…
Ja, genau. Lächelt.

Sind Sie momentan zuhause in Hamburg? Sie sind viel unterwegs ….
Ich war jetzt aktuell viel unterwegs. Das stimmt. Das waren viele schöne Veranstaltungen. Jetzt freue ich mich auf ein paar Tage zuhause.

Und am Tag der deutschen Einheit?
Am Tag der deutschen Einheit hatte ich die große Ehre beim Festakt in der Elbphilharmonie vor dem Bundespräsidenten, dem Bundeskanzler und dem Ministerpräsidenten zu spielen. Ich freute mich auch sehr auf das Wiedersehen mit Otto. Lächelt.

Sie sind Kosmopolit – würden Sie sagen, dass Ihnen das Reisen ein Grundbedürfnis ist?
Erstmal ist das Reisen eine Grundvoraussetzung, dass man die Orte erreicht, an denen man spielt. Konzerte gibt. Aber, ja. Ich liebe es zu reisen.

Sie besuchten große Metropolen aber auch die Natur und einsame Inseln. Brauchen Sie Stadt und Natur gleichermaßen?
Ja. Ich brauche vor allem die Abwechslung. Reisen ist immer auch Inspiration. Man kommt meist mit Ideen für neue Stücke, für neue Kompositionen zurück. Reisen ist ein Quell der Inspiration.

Haben Sie einen Sehnsuchtsort?
Meine Sehnsuchtsorte sind die, die ich noch nicht gesehen habe. Aber es gibt natürlich auch Orte, die man schon bereist hat und gerne wieder sehen möchte. Das liegt vielleicht auch einfach an meinem Leben.

Sie sind in Istanbul aufgewachsen. Waren schon von Kind an in fernen Ländern.
Haben Sie Beispiele für Sehnsuchtsorte?

Ich mag beispielsweise Singapur und den fernen Osten. Für mich hat aber jeder Landstrich, jede Stadt so einen ganz eigenen Reiz. Auch sind Reiseziele je nach Jahreszeit ganz unterschiedlich zu „erleben“. Haben einen eigenen Charakter. Ich muss aber auch sagen, dass Deutschland sehr schön ist. Ich freue mich immer hier zu sein.

Sie sind Pianist / Jazzpianist – bedienen sich vieler Genres. Wie viel Gewicht haben die einzelnen Stile für Sie persönlich?
Jazzmusik ist ein weites Feld. Ich komme aus der traditionellen, alten Jazzmusik. Das liegt daran, dass ich schon in der Jugend mit dieser Jazzmusik auf dem Klavier eine Richtung für mich gefunden habe. Ich war dann viel in der Hamburger Szene unterwegs. Diese Zeit hat mich sehr geprägt und dafür schlägt mein musikalisches Herz. Die alte, traditionelle Jazzmusik – aber auch die frühen Virtuosen.

Wie ist Ihre Liebe zum Jazz entstanden? Ich bin mit der Jazzmusik aufgewachsen…
Bei mir war es anders. Meine Mutter war klassische Sängerin, hat klassische Musik studiert. Als Teenager hab ich versucht mich abzugrenzen. Das war die Zeit, als ich mich der Jazzmusik zugewandt habe.

Aus der Eigeninitiative heraus…
Genau. Nach dem Motto „Ich such mir mein eigenes Ding“.

Mein Papa war damals noch in den ursprünglichen Jazzkellern in New York City. Es ist toll Konzerte in Clubatmosphäre zu erleben. Auch Sie vermitteln Ihren Konzertbesuchern und -besucherinnen diese Clubatmosphäre. Und das, obwohl Sie große Hallen füllen. Wie schaffen Sie das und was bedeutet Ihnen die Interaktion mit Menschen?
Es ist ganz wunderbar, wenn bei meinen Konzerten sozusagen der Funke überspringt. Lächelt. Das ist das, was man als Musiker anstrebt. Menschen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Künstlerisch, atmosphärisch, emotional. Ich möchte, dass meine Gäste einen unvergleichlichen Abend erleben. Ich spule mein Programm nicht ab. Ich möchte meinem Publikum einen besonderen Abend ermöglichen.

Das heißt, die Konzertabende sind nicht direkt vorgeplant. Sie haben einen Spielraum…
Wenn wir ganz ehrlich sind – das ist ja mein Beruf – habe ich wohl eine Grundstruktur für mein Konzert. Aber es ist eben auch, wie im Jazz, viel Improvisation. Und das versuche ich einfach zu pflegen. Ich schaffe mir Freiräume, reagiere spontan und das spüren die Menschen und wissen dies auch zu schätzen.

Das macht Freude, wenn es nicht so starr abläuft …
Ja, und es kann auch mal was schief gehen. Das gehört auch dazu.

Ich liebe Shirley Horn…
Absolut großartig.

Sie ist durch die Begegnung mit Miles Davis von der Jazzpianistin zur Jazzsängerin geworden. Auch Sie hatten diese Begegnung mit Joe Cocker. Wie wichtig ist Glück, Können und die Begegnung mit Menschen?
Ich glaube es ist schon wichtig, hin und wieder am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein. Ich bin der Meinung, dass jedem so eine Glücksituation begegnen kann. Wichtig ist, darauf vorbereitet zu sein.
Im Falle von Joe Cocker – wenn ich an diesem besagten Abend nicht etwas gespielt hätte, was ihm gefiel, dann hätte ich mir maximal ein Autogramm von ihm holen können. Und das wär's gewesen. Ich hatte also nicht nur das Glück, dass er in den Club kam sondern ich hatte auch das Glück, vorher etwas gelernt zu haben, was ihn beeindruckt hat. Insofern kann ich jedem nur raten, nicht nur auf Glück zu vertrauen. Denn das allein reicht nicht aus. Man muss auch etwas tun und so auf das Glück vorbereitet sein.


Glück erkennen und nutzen…
Genau. Da spielt vieles eine Rolle. Es ist wichtig den Leuten klar zu machen, dass Glück allein nicht reicht.

Sie haben mit vielen Größen des Musikgeschäfts zusammen gearbeitet. Damals wie heute. Was bedeutet es Ihnen mit anderen Musikern Musik zu machen?
Musik ist eine Sprache. Eine klare Kommunikation. Wenn man mit Menschen verbal kommuniziert, so wie wir das gerade machen, tauscht man sich aus, man geht aufeinander ein, aufeinander zu. Man begegnet sich auf einer Ebene. So ist das auch in der Musik. Hier begegnet man sich auf der musikalischen Ebene. Man hört, geht aufeinander ein, spannt einen Bogen, führt weiter. Man kann den Bogen unterbrechen, lauter werden, leiser werden, Dynamik rausnehmen oder hinzugeben. Da ist ne ganze Menge drin. Es gibt so viele Möglichkeiten. So viele Kommunikationsmöglichkeiten.

Was ich am Jazz auch liebe, ist die Möglichkeit der Improvisation. Diese Freiheit. Es kann ganz wunderbares entstehen. Etwas womit man nicht rechnet. Alleine mit der Musik oder auch im Zusammenspiel. Wie wichtig ist Ihnen diese Freiheit – in der Musik und im Leben?
Das ist das große Wunder bei der Musik. Dass so etwas passiert. So etwas wunderbares. Und jeder arbeitet darauf hin.

Wie wichtig ist Freiheit?
Eine gute Frage. Für mich persönlich hab ich entschieden, dass Freiheit eine sehr große Rolle spielt. Das geht schon damit los, dass ich selbstständig bin und nicht angestellt. Ich kann selbst entscheiden. Bin mein eigener Chef. Ich trage aber natürlich auch das Risiko. Das hat alles Vor- und Nachteile. Man kann durchaus grandios scheitern. Das passiert auch immer wieder, dass Dinge nicht so laufen, wie man sich das vorgestellt hat.
Doch, Freiheit spielt für mich eine große Rolle. Freiheit ist ganz aktiv seinen Weg zu beschreiten indem man einfach losfährt, auf Reise geht.

Wir haben über die verschiedenen Genre gesprochen. Mir fällt da auch der Tango Nuevo ein. Diese Verbindung von Jazz, Klassik und dem traditionellen Tango. Wie gefällt Ihnen Astor Piazzolla?
Ich liebe Piazzolla.

Tanzen Sie Tango Argentino?
Nein. Das kann ich leider nicht.

Ich habe gelesen, Ihre Sportarten sind Tischtennis und Kitesurfen.
Das stimmt. Ich spiele aber auch ein bisschen Golf, gehe laufen. Es ist wichtig, dass man sich nicht nur geistig, sondern auch körperlich fit hält. Sich nur auf die Kunst zu konzentrieren, das ist mir zu kurz gedacht.

Wie gut kennen Sie Stuttgart? Sie haben Verwandtschaft hier im Süden?
Ja, ein Teil meiner Verwandtschaft wohnt und lebt in Sigmaringen. Deshalb ist mir auch Ihr Dialekt so ein bisschen vertraut.

Ich kann ihn nicht verbergen…
Ja, da kommt was durch. Lächelt. Oder haben Sie das Gefühl, Sie sprechen Hochdeutsch?

Nein, nein. Ich weiß, dass ich einen schwäbischen Dialekt habe. 

Das ist sehr sympathisch. Hat was heimeliges. Lächelt.

Ich habe Ihre Biografie gelesen „Spiel doch mal leiser“. Herzerwärmend. Da schwingt Liebe mit…
Das freut mich.

Sie schreiben beispielsweise, wie wichtig es ist, seinen eigenen Weg zu gehen. Ich kenne Ihre Geschichte, in der Sie Ihrem Papa sagten, Sie „müssen Klavier spielen“. Wie wichtig ist es, den eigenen Weg zu gehen?
Wenn man am Ende des Weges zurückschaut, ist es glaube ich schön sagen zu können, dass man einige Entscheidungen für sich selber getroffen hat. Entscheidungen, die einem entsprechen, die einen in vielen Situationen des eigenen Lebens glücklich gemacht haben.
Früher haben die Eltern oft die Richtung vorgegeben. Da spielte Sicherheit und Erfahrung eine große Rolle. Bei dem ein oder anderen war es sicher auch gut auf die Eltern gehört zu haben. In meinem Fall war es so, dass mein Vater nicht ganz glücklich mit meiner Entscheidung war. Als Akademiker und Arzt war ihm auch das Berufsbild des Musikers fremd. Doch mit der Zeit hat er gemerkt, wie die Dinge funktionieren und wie so ein Musikerleben verlaufen kann. Dass man durchaus erfolgreich und wirtschaftlich unabhängig sein kann. Wie man ein künstlerisch erfülltes Leben leben kann. Er hat gesehen, dass mein Weg, der für mich richtige war. Und er war stolz auf mich.

Was mich auch beeindruckt hat war Ihre gemeinsame Zeit auf dem Berg Athos. Sind Sie religiös oder spirituell?
Das will ich bei mir nicht überbewerten. Ich meine schon sensibel genug zu sein um Schwingungen aufzunehmen. Aber so ein richtig spiritueller Mensch bin ich nicht. Das mag ein blinder Fleck sein. Ich versuche eher strukturiert, strategisch und realistisch zu bleiben. Und doch braucht man für die Musik auch diese Spiritualität, das hab ich in diesem Bereich dann schon auch.

Das Musikerleben spielt sich oft in der Nacht ab. Sind Sie Nachtmensch?
Das ist schwer zu beantworten. Ich bin eigentlich nicht so richtig der Nachtmensch obwohl ich mein Leben lang nachts gearbeitet habe. Ich hab auch kein Problem, nachts zu arbeiten. Ich würde eher sagen, dass ich meinen Schlaf brauche. Wenn man viel reist, dreht man sowieso dauernd an der inneren Uhr.
Aber die Nacht ist schon speziell…
Nachts in den Gassen, irgendwo in einer chinesischen oder amerikanischen Großstadt, zu sehen, wie die Stadt erwacht – das hat schon seinen Reiz.
Udo Lindenberg beispielsweise, er lebt ja nur nachts.


Und Frank Sinatra ging vor vier Uhr in der Früh nie ins Bett.
Sie komponieren auch. Beispielsweise für Otto. Außerdem haben Sie eine Piano Academy …
Die Arbeit mit Otto, das war eine tolle Sache. Otto ist ein höchst kreativer Mensch. Ein freier Geist. Dann die Tatsache festzustellen, dass ich so etwas (Filmmusik komponieren) auch kann. Das war schon auch eine Herausforderung. Ich habe in der Zeit keine Livekonzerte gespielt, und ich sehe mich ja als Live Performer. Ich habe auch kürzlich wieder eine Komposition gemacht. Diesmal für einen Mann, der sich dazu entschieden hat, mit über 60 Jahren Klavierspielen zu lernen. Sein Ziel – Mit 65 Jahren ein Klavierkonzert zu spielen - Mit Orchester und Publikum.

Sie sagen, Klavierspielen macht glücklich….
Absolut. Gerade am oben genannten Beispiel sieht man das. Es geht darum sich einen Traum zu verwirklichen. Einen Traum, mit einem klaren Ziel.
Das kostet viel Arbeit und Schweiß. Man muss sich seinem Traum voll und ganz widmen. Jeden Tag zwei Stunden Klavier üben.
Das Geheimnis ist, es selber zu wollen. Sich ein Ziel zu setzen. Eine klare Vision zu haben. So setzt man Träume um.

Darf ich fragen, welches Buch Ihr erstes Kinderbuch war? Ihr Vater hat Ihnen vorgelesen,
beziehungsweise, er hat Ihnen Geschichten erzählt….

Mein Vater hat Geschichten entwickelt, die wir als Kinder geliebt haben. Ein Kinderbuch: Ich war sehr beeindruckt von dem Buch „Die grüne Wolke“ von A.S. Neill.

Oft kann man Menschen über den Musikgeschmack charakterisieren. Sie bieten so viel an, wobei Sie sagten, Sie seien im traditionellen Jazz zuhause. Wenn Sie ein Lied wären, welches wären Sie?
Ich wäre weniger ein Lied als vielmehr eine Komposition, die sehr viel mit Rhythmus und Harmonie zu tun hat. Ich wäre nicht einfach ein Pop Song sondern eine Paganini Variation von Rachmaninow.

Kurze Fragen - Kurze Antworten:

Ihr Lieblingsessen
Auch eine schwierige Frage. Lacht. An einem Tag möchte ich Sushi an einem anderen lieber Nudeln.

Kaffee oder Tee?
Ich bin reiner Teetrinker. Durch meine Reisen, gerade auch durch China, hab ich schon ganz wundervolle Teesorten mit nach Hause gebracht.

Ihr Lieblingsplatz zuhause – nicht das Klavier…
Lacht. Das Bett natürlich. Lacht.

Lieblingsfilm
Es gibt ein paar Filme, die so nachklingen. „Papillon“, beispielsweise. Aber auch „Es war einmal in Amerika“. Was ich nicht ansehe sind Horrorfilme. Ich mag auch Filme mit Happy End.

Das war sehr schön und auch ein Happy End. Vielen Dank, lieber Herr Wendt für das so schöne Gespräch. Wir hatten es vorher von Wünschen und Träumen. Einer meiner Wünsche und Träume, dass ich mit Ihnen so ein Gespräch führen dürfe. Lieben Dank! Und was ich gern noch sagen wollte, was ich ganz oft von Ihnen anhöre: „Shadows of your smile“ (Joja Wendt live … sehr schwer zu spielen) So wundervoll! Danke, für Ihre Musik! …
Ich danke Ihnen. Ich hab mich auch sehr arg gefreut.





'Musik war immer bei mir. Es war nie eine Entscheidung'
Stefan Jürgens



Foto: Tina Acke


Im Gespräch mit Stefan Jürgens

Marion Graeber im Februar 2021



„KLANG.Stall – Lieder aus Freilandhaltung“ Viertes Streaming Konzert, ab Sonntag, 14. Februar Gäste: Die Nowak, Max Prosa, Kaleb Erdmann



Hallo Herr Jürgens, vielen Dank, dass Sie Zeit für mich haben. Da freue ich mich. Danke.

Sehr gerne. Vielen Dank für Ihre Zeit...

Wie geht es Ihnen? Sind Sie in Brandenburg?

Nein, ich bin gerade in Wien.

Dann drehen Sie derzeit für die Soko Wien?

Ich hab noch zwei Wochen Soko Wien zu absolvieren, dann ist die Staffel vorbei. Und auch meine Zeit dort.

Sie haben mit „KLANG.Stall“ im vergangenen Jahr ein neues Projekt auf den Weg gebracht. Wie funktioniert das genau?

Wir haben ein klares „On Demand System“. Man kann den Inhalt permanent und zu jeder Zeit herunterladen. Jede einzelne KLANG.Stall Sendung ist nach dem Ticketerwerb auf dem Streaming Portal vimeo.com  für 30 Tage abrufbar.  

Wann haben Sie die Sendungen produziert?

Wir hatten bisher zwei Produktionsphasen. Die erste war im Juli des vergangenen Jahres. Da haben wir zwei Konzerte aufgezeichnet. Im Oktober haben wir dann die Zeit vor dem lockdown nochmal genutzt. Natürlich mit entsprechenden Hygienekonzepten und unter Einhaltung der Vorgaben. Angeboten werden die Sendungen jetzt in einem regelmäßigen Abstand von acht Wochen. Ab dem 14. Februar gab es die vierte Sendung. In zwei Monaten , am 11.April, die fünfte und so weiter. Wir werden dann auch weitere Sendungen produzieren und ich strebe sogar an, im Laufe des Jahres einen monatlichen Rhythmus anbieten zu können.

Das Projekt verlangt sicher nach einer großen Organisation...

Ich habe am Anfang gedacht, ich mach ein kleines Online Streaming Konzert. Jetzt hab ich das Gefühl, ich mach ein Festival. Aber ich hab ein sehr engagiertes, junges und teilweise auch aus der Familie bestehendes Team. Und das ist toll.

Wie kommen Sie an die KünstlerInnen und MusikerInnen? Sind die Bedingungen jetzt unter Corona etwas andere?

Ja, es ist zu Corona Zeiten etwas anders als in normalen Zeiten. Die ein oder anderen KollegInnen und KünstlerInnen sind ein wenig leichter zu erreichen. Aber wir müssen doch recht flexibel sein. Wir hatten beispielsweise den Fall, dass ein Künstler aufgrund der Corona Bestimmungen nicht aus Österreich ausreisen konnte. Auch das gibt es.

Sie verfolgen zwei Strategien – Sie haben in Ihren Sendungen bekannte KünstlerInnen, bieten aber auch Newcomern eine Bühne ...

Das grundsätzliche Prinzip ist, Newcomern eine Plattform zu geben. Sie sollen sich vernetzen und eben auch, unter diesen derzeitigen Bedingungen, Konzerte und Auftritte geben können. Wir möchten das anbieten und vorantreiben.

Welche Genres bedienen Sie?

Wir haben ganz verschiedene Genres im Programm. Auch meine Arbeit aus den vergangenen dreißig, vierzig Jahren ist Part. Wir haben aber auch nicht nur MusikerInnen mit dabei, sondern auch Stand-up- Comedians und Poetry SlammerInnen. Es sind also Abende, die eine schöne Unterhaltung bieten. Wir wollen einen schönen, launigen Abend auf dem Land kreieren. Lächelt.

Viele unterschiedliche Programmpunkte ..

Wir haben viel vor. Es ist für mich zwar eine Priorität, deutschsprachige Musik zu haben, aber es gibt auch englische Songs. Ich bin für alle Stilrichtungen offen. In den  nächsten Produktionen haben wir beispielsweise eine jüdische Sängerin mit dabei. Ich kann mir auch Fado SängerInnen und OpernsängerInnen vorstellen. Für mich ist es wichtig, dass wir hier Leute haben, die eine Haltung haben. Die für etwas stehen. Wir leben in Zeiten, wo wir Farbe bekennen und Haltung zeigen müssen. Das ist für mich ein wichtiger Bestandteil.

Wie lange geht eine Sendung?

Ungefähr 45 bis 60 Minuten. Das ist ein gutes Format. Es ist kurzweilig und es lässt sich trotzdem viel erzählen. Wir haben auch Gespräche und Interviews mit in der Sendung. Wir nutzen den Hof, die Außenmöglichkeiten und wir erzählen etwas über die KünstlerInnen und lassen vor allem auch sie erzählen. Wir wollen ein Gemeinschaftsbild aufbauen und zeigen. Das ist mir wichtig.

Ein gehaltvolles Projekt...

Ich hab mir einfach gesagt, ich würde gerne eine Sendung machen, bei der ich selber gern dabei wäre. Die Arbeit ist ein Prozess, welche sich auch weiterentwickelt. Wir haben eine wunderbare Atmosphäre und einen riesigen Spaß. Und jedes Mal kommt noch ein bisschen was dazu. Ich freue mich sehr auf die nächsten Produktionen. Wir probieren viel und setzen viel um. Lächelt.

Das ist spannend - für Sie und für den Konsumenten..

Absolut. Ich denke, das ist eine schöne Geschichte. Dazu kommt, dass man die KünstlerInnen sieht, die man auf den ersten Blick so in der Regel eben nicht sieht. Und wir haben hier wirklich Leute, die was zu bieten haben. Alles sehr eigenwillige und wunderbare KünstlerInnen.

Ihr aktuelles Album „Was zählt“ ist Ihr fünftes Studio-Solo-Programm. Was inspiriert Sie und wann sind Sie kreativ?

Ich sage selber immer, ich bin ein Vampir. Bei mir geht es erst richtig los, wenn es dunkel wird. Das ist aufgrund meiner Situation als Schauspieler allerdings nicht immer machbar. Aber da funktioniert es dann auch anders. Wenn ich drehe, fangen meine Tage morgens um 7 Uhr an. Aber die Musik und der musikalische Prozess, da bin ich jemand, der die Dunkelheit bevorzugt. Da ist die Konzentration auch eine andere. Und die Frage nach der Inspiration – ich werde von Dingen inspiriert, die mich umgeben. Ich mache Notizen, sammle Ideen. Geschrieben wird in den Zeiten, in denen nicht so viel anderes los ist. Wie gesagt, ich bin hier noch eine kurze Zeit in Wien, danach kommt eine kurze Ruhephase und dann fange ich auch schon an für mein neues Album zu schreiben, welches 2022 kommen soll. Es wird also viel Konzentration auf der Musik liegen in diesem Jahr. Gerade auch mit „KLANG.Stall“ und meinem neuen Album, das geschrieben werden will. Aber grundsätzlich bin ich Musiker und Schauspieler. Und das wird auch so bleiben. Ich werde auch in diesem Jahr, wenn Corona das zulässt, noch ein großes Projekt im Bereich Schauspiel machen. Das ist zumindest geplant. Auch entwickle ich selbst einige Projekte. Es wird also nicht so sein, dass der Musiker alleine nach vorne läuft. Dennoch wird er jetzt mehr Platz bekommen um sich zu präsentieren. Aber auch der Schauspieler wird definitiv weiter präsent sein.

Sie haben bereits mit 16 Jahren angefangen Songs zu schreiben. Welche Musik haben Sie damals gehört? Mit welcher Musik sind Sie aufgewachsen?

Ich hab alles gehört. Aufgewachsen bin ich mit dem klassischen Repertoire. Ich war immer ein Beatles Fan, habe aber auch die Rolling Stones gehört. Ich hab die ganze Musik der 1970er Jahre durchgearbeitet – Singer/Songwriter, Rock, alles dabei. Ich habe aber auch viel klassische Musik gehört. Als ich meine ersten Bands hatte und angefangen habe die ersten Songs zu schreiben, hab ich viel Jazz-Rock gehört. Ganz wildes Zeug zum Teil. Lacht. Hab mich also nie auf ein Genre beschränkt gefühlt.

Was hören Sie heute?

Wenn ich Musik höre, dann Singer/Songwriter, Jazz, deutsche und österreichische Lieder, klassische Musik.

Wie beschreiben Sie Ihre Musik?

Meine eigene Musik ist in der klassischen Singer/Songwriter Tradition verhaftet.

Was bedeutet es Ihnen Musik zu machen?

Musik war immer bei mir. Es war nie eine Entscheidung. Ich kann mich erinnern, als ich am Theater angefangen habe... Ich hatte immer ein Klavier in meiner Wohnung stehen, hab immer Songs geschrieben. Musik war immer in meinem Leben. Das wird sich auch nie ändern.

Tanzen Sie auch?

Sagen wir mal so – wenn das Licht dunkel genug ist. Lacht.

Schon mal den Tango Argentino getanzt?

Nein, Tango nicht. Ich hab mal ein bisschen Salsa und Merengue getanzt. Aber ich hab viele Freunde in der Tangoszene. Mir ist der Tango also nicht fremd. Hab mich nur selber noch nicht herangewagt. Lächelt.




Lieben Dank, Herr Jürgens für das tolle Gespräch. Das war schön.








'Meine Frau möchte immer Latino Tanzkurse mit mir machen,

aber ich zier mich noch ein bisschen'

Michi Beck



Foto: Marion Graeber




Ein Gespräch im Rahmen der Dokumentation "Wer 4 sind" für den Stuttgarter Zeitungsverlag

Im Interview mit Michi Beck und Thomas D.

Marion Graeber



Irgendwie hat man das Gefühl, es ist ein nach Hause kommen. Die Fantastischen Vier feiern mit ihren Fans die Premiere der Dokumentation „Wer 4 sind“.


Sie haben den Hip Hop in Deutschland salonfähig gemacht. Die Fantastischen Vier, auch Fanta 4 genannt. Smudo (Michael Bernd Schmidt), Hausmeister Thomas D (Thomas Dürr), Michi Beck (Michael Beck und Andreas Riecke. Ihren ersten Auftritt hatten sie einst auf einer selbstgezimmerten Bühne aus Europaletten in einem ehemaligen Kindergarten in Stuttgart-Wangen. Gemeinsam traten die Reimakrobaten in Stuttgarter Clubs auf. Auch in Leonberg haben sie eine Geschichte. Zwar noch nicht als Fantas aber eben doch schon zusammen. „Wir sprechen hier nicht über die vergangenen 30, sondern 33 Jahre“, stellt Thomas D klar. So war der Ditzinger beispielsweise in der ehemaligen Diskothek „Kaktus“ mehrfach am Musik präsentieren. „Ich hab Leonberg einiges zu verdanken und möchte mich dafür bedanken“, fährt Thomas D fort.


So begleiten ihn den ganzen Tag über schon „so romantische Gefühle“, wie er selbst sagt. Er erzählt von seiner ersten Liebe zu einem Mädchen, von seiner Schulzeit, der Ausbildung zum Friseur und natürlich von den ersten „Gehversuchen“ als Musiker. Und auch Smudo erinnert sich gerne an eine GI Diskothek in Leonberg. „In der GI Diskothek hab ich das erste Mal statt in Englisch auf Deutsch gerappt“, sagt Smudo, der in Gerlingen seine Schulzeit erlebte. So ist die Verbundenheit zur Region zu spüren. Nicht nur bei den Musikern. Auch die Besucher haben so ihre Connection zur Band. Der Band, mit der sie aufgewachsen sind. Überall im Raum Stuttgart.


„Ich bin da, weil die Fantas mit mir durch mein Leben gegangen sind“, schwärmt Frauke. Sie ist gemeinsam mit ihrer Tochter Jeanne gekommen um Film und Fantas hautnah zu erleben. „Die Fantas sind zeitlos. Das war schon immer meine Musik“, fährt sie lächelnd fort. Und auch Jeanne ist begeistert: „Die Fanta 4 haben in der deutschen Rap Szene einen Grundstein gelegt. Sie heben sich auch von anderen Hip Hop Musikern ab. Mir gefällt das sehr“.


Michelle ist extra aus Bonn angereist: „Ich bin ganz glücklich, dass ich dank meiner Freundin hier sein kann. Die Fanta 4 lieb ich seit ich sechs Jahre alt bin. Ich bin mit „Die da!?!“ groß geworden“.


Fotos: Chiara Gröner


„VFB und Fanta 4, diese Kombination, das ist schon eine coole Sache. Vor 30 Jahren waren wir als Jugendliche in den Clubs“, betont Rolf. Er ist in Begleitung seines Sohnes Lars. „Das kommt auch von den Eltern“, sagt Lars lächelnd. „Die Fanta 4 CD's liegen bei uns rum“, lacht Vater Rolf seinem Sohn entgegen. Klar, dass auch die nachkommende Generation mit der Musik aufwächst. Ist ja auch Hip Hop, der immer geht.   


Heute sind die Fanta 4 sie also die Väter des deutschen Hip Hop. Was anfänglich mit Neugier aber auch den ein oder anderen Vorbehalten beobachtet und verfolgt wurde, entpuppte sich schon kurze Zeit später zu einem echten schwäbischen Exportschlager. Dabei hatten die Jungs nie einen großen Plan. Doch was sie hervorbrachten war stets authentisch und echt. Mit dem Titel „Die da!?!“ erregten sie im Jahre 1992 bundesweit Aufmerksamkeit. Sowohl musikalisch als auch textlich rappten sich die Fantas in die Herzen vieler Musikliebhaber.


Heute sind Fanta Fans in allen Generationen und Altersstufen zu finden. Mit jedem Song, jedem Rapp entwickelten sie sich weiter. So ist es diese unglaubliche Kreativität aller, die ihre Ideen gemeinsam entwickeln bis sie mit einem geilen Song an die Öffentlichkeit gehen. Auch mit Soloprogrammen sind die vier erfolgreich. Haben auch ihr eigenes Leben. Sie sind Part von Musikshows und eigentlich nicht aus unserer Musikkultur wegzudenken. Seit nunmehr dreißig Jahren sind die Vier die Fantastischen Vier. Eine außergewöhnliche, schöne Freundschaft. Und sie haben auch nach dreißig Jahren noch Spaß an dem was sie tun. Am miteinander, an der gemeinsamen Musik.


Genau das ist es auch, was die Dokumentation „Wer 4 sind“ vermitteln möchte – die Freundschaft mit der Musik und die Freundschaft von vier Jungs, welche sie bis ins heute getragen hat. Ein intimer Blick also in ein aufregendes Musikerleben voller Liebe zur Musik und mit diesem unbändigen Willen etwas Großes zu schaffen ohne jemals die Freude daran zu verlieren. Die Fantas sind eine Institution, haben eine Identität. Auf diese Weise schaffen sie es also auch in der harten Konkurrenz ihre Liebe zur Musik zu leben. Was Musikmanager über das casten von Boybands zusammen gefügt haben, hatten und haben die fantastischen Jungs von Haus aus mitgebracht.


Nichts ist stärker als Freundschaft. Was also ist das Geheimnis einer so langen Freundschaft? „Getrennte Schlafzimmer ist das Geheimnis“, scherzt Michi Beck. Und weiter: „Es ist ganz gut, dass wir Ende der 1990er alle auseinandergezogen sind. Neben der Band jeder die eigenen Leben, Projekte, Freundschaften, Familien gründen konnten. Das ist ja nicht normal seit über 30 Jahren in der gleichen Besetzung zusammen zu sein. Das hat viel mit loslassen zu tun, aber auch mit Vertrauen. Das hatten wir zu der Zeit schon zueinander“.


So wurden die Fantas freudig empfangen. Nicht, wie Fans, die ihre Idole begrüßen, sondern vielmehr, wie „alte Freunde“, die sich freuen sich wieder zu sehen.     





Foto: Chiara Gröner




Und meine Tango-Frage? Ich hab sie Michi Beck gestellt: „Meine Frau möchte immer Latino Tanzkurse mit mir machen, aber ich zier mich noch ein bisschen. Vom Tango hab ich leider überhaupt keine Ahnung“.


Schade eigentlich ;)


Vielen Dank, ihr Fantastischen Vier








'Tangomusik ist eine sehr schöne, mitreissende Musik mit einer gewissen Traurigkeit.
Aber auch voller Energie und Erotik'

Sasha


Foto: Olaf Heine


 

Im Gespräch mit Sasha

Im August 2018

Marion Graeber





Wie haben Sie zur Musik gefunden?

Das war ein schleichender Prozess. Meine Familie väterlicherseits ist sehr musikalisch. Mein Opa hatte in seiner 'Guten Stube' – so nannte man das ja damals – eine Orgel stehen. Außerdem hingen zehn bis zwölf Akkordeons an der Wand. Mein Opa war Akkordeonspieler. Die Familie, väterlicherseits, hatte eine Gaststätte. Von der ging es über einen Gang in die 'Gute Stube', zu den Akkordeons. Lächelt. Leider ist mein Opa schon sehr früh verstorben, aber ich habe erfahren, dass er wohl sehr gut Akkordeon spielen konnte. Mit vier oder fünf Jahren hab ich dann meine erste Gitarre geschenkt bekommen. Das war damals alles noch sehr spielerisch, aber ich hab da schon Musik gemacht und Musik gemocht. Hab musikalisch viel ausprobiert. Bin in einer Kleinstadt aufgewachsen, da gab es nicht so viele Möglichkeiten. Ich hab das alles so für mich entdeckt. Später dann mit 14/15 Jahren bin ich in meine erste Schülerband eingestiegen. Die suchten damals einen Sänger. Da ist das dann losgegangen.


Was bedeutet es Ihnen Musik machen zu dürfen?

Es ist das größte Glück, das man sich denken kann, wenn man in diese glückliche Situation gerät. Bei mir hat es ja auch relativ spät angefangen, bis ich mein Geld damit verdienen konnte. Hab viele Jobs gemacht, um die Musik zu finanzieren. Ich kann nur jeden Tag 'Danke', sagen, dass ich das machen kann, was ich am meisten liebe und, dass ich die Musik zu meinem Beruf machen konnte. Das klingt immer so ein bisschen kitschig, aber ich bin sicher, dass alle so fühlen, die ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnten. Ich bin glücklich und zufrieden, dass ich das machen darf.


Sie sagten, Ihr Opa spielte Akkordeon. Beim Tango ist das Bandoneon ein wichtiges Instrument. Haben oder hatten Sie einmal Berührungspunkte mit dem Tango Argentino? Tanzen Sie?

Ich bin kein passionierter Tangotänzer. Ich glaube aber, dass ich Tänze relativ schnell lerne. Ich hab das mal in einer Tanzschule als Teenager erfahren, obwohl ich den Kurs aufgrund einer Beinverletzung, die ich mir beim Fußballspielen zuzog, nicht beenden konnte. Meine Mutter hat mir auch als Junge schon sehr viel mitgegeben. Was ich machen muss, damit sich eine Frau beim Tanzen in meinen Armen wohl fühlt. Lächelt.


Mögen Sie Tangomusik, Klassik oder generell andere Musikstile?

Die Klassik ist eine der wenigen Bereiche, in denen ich nicht so firm drin bin. Die Klassiker der Klassik kenne ich. Wir waren kürzlich in Verona und haben uns Nabucco angeschaut. Das war schon sehr beeindruckend.  Doch Tangomusik ist da eher mein Fall. Nicht, dass ich mich da sonderlich auskenne. Lächelt. Aber die Musik, nimmt man ja über Gefühl wahr. Metall ist mir beispielsweise zu hart, Techno zu kühl. Aber das ist meine ganz persönliche Empfindung und keine Wertung. Der Tango ist eine sehr schöne, mitreißende Musik mit einer gewissen Traurigkeit, aber auch dieser Energie und Erotik. Das ist, was Musik machen sollte. Auch wenn man Musik nicht kennt, sollte man ein Gefühl entwickeln.


Sind Sie ein melancholischer Mensch?

Eigentlich bin ich von Haus aus ein positiver Mensch. Doch aus Melancholie schöpft man kreative Energie. Man schreibt in der Melancholie meist die schönsten Liebessongs und auch kritische Lieder. Ich kenne für mich die Melancholie.


Was brauchen Sie um kreativ sein zu können? Sind Sie Tag- oder Nachtmensch?

Ich hab keine bestimmten Zeiten, hab mir allerdings mittlerweile Zeiten gegeben. Lächelt. Grundsätzlich bin ich nicht derjenige, der sagt, um 9 Uhr legen wir los und dann schauen wir mal. Wie das in Büros so läuft. Ich bekomme meine Ideen meist auf Reisen und im Auto. Ich muss in Bewegung sein. Auch beim Spazieren gehen kommen mir Gedanken und Ideen. Aber da gibt es auch noch die Arbeit, die man rein steckt, wo man sich mit Freunden trifft, anderen Musikern. Dafür muss man Regeln schaffen. Ich hab auch gemerkt, dass man durch diese Nacht Sessions, die teilweise bis 7 Uhr morgens gehen, oft an Grenzen stößt, wo man auch einfach nicht mehr weiter kommt. Jetzt mit meiner Frau, wo wir bald eine kleine Familie sind, gehört es für mich dazu, gemeinsam zu Abend zu essen. Das sind keine festen Zeiten, aber ich bin abends gern zu einer vernünftigen Zeit zuhause.


Ihr neues Album „Schlüsselkind“, ist ein sehr persönliches Album. In der deutschen Sprache gesungen. Wie kam es dazu?

Ganz ehrlich gesagt, ist es gar nicht so einfach, so ein persönliches Album zu machen. Diese Themen anzupacken. Ich liebe es im Team zu arbeiten und mit Freunden zu schreiben, die dann gleich auch sagen, lass uns so und so versuchen. Sie kitzeln Themen aus einem heraus. Das ist manchmal so ein bisschen wie eine Therapiesitzung. Lacht. Was möchtest du erzählen? Was ist dir wichtig? Das sind die Fragen, die sich stellen. Ich wollte dann gerne ein Album über meinen Werdegang machen. Songs über meine Zeit als Schlüsselkind. Erst fallen einem Schlagworte ein, dann entwickelt sich das.  


Ist man mit deutschen Texten näher dran am Gefühl?

Erstmal nicht. Ich hab mich schwer getan. Aber es kommt dann relativ schnell und man findet einen Weg. Es ist ja nun mal meine Muttersprache. Ich hatte aber keine Übung darin, diese Sprache mit Musik zu verbinden. Das war der Knackpunkt. Als wir die ersten zwei/drei Songs geschrieben haben, hab ich gemerkt, dass ich immer mehr den poetischen Zugang finde, ich wollte aber trotzdem meine Sprache sehr klar wählen. Nicht so geistig verkopft. Das bin ich auch nicht. Aber man kann das ja machen, so tun als ob und ich wollte auf keinen Fall so tun als ob. So hab ich meine Texte geschrieben, wie ich auch sprechen würde. So möchte ich es für viele Zuhörer zugänglich machen.


Ist es ein Glücksmoment, wenn ein Song fertig ist?

Ja, das ist immer wie eine kleine Geburt. Eine Mischung aus Stolz und Freude. Wenn ein Song fertig ist, ist das toll, man hat so viel Zeit und Herzblut hinein gegeben. Wenn es dann fertig ist, muss man es laufen lassen. Es ist immer auch ein bisschen ein Abnabelungsprozess. Man kann auch selbst gar nicht mehr so recht beurteilen, ob das was man da produziert hat jetzt gut ist oder nicht. Lacht.


Wie lange braucht es für ein Album?

Das ist ganz unterschiedlich. Alle Songs sind live eingespielt worden, dann wieder komplett auseinander genommen, um sie dann wieder zusammen zu setzen. Das war eine aufwendige Produktion. Das kann auch mal zwei Jahre gehen. In Deutschland heißt es dann immer jetzt macht er ein Comeback. Aber wir sind schon immer dabei. Ich hab mir seit 20 Jahren keine richtige Pause gegönnt. Beim Schreiben dauert es so lange, wie es dauert. Gerade auch beim ersten deutschen Album wollte ich alles richtig machen. Auch für mich.


Hat die Teilnahme bei „Sing meinen Song“, dazu beigetragen ein Album auf Deutsch zu produzieren? Sie haben auch einen Roger Cicero Song mit auf Ihrem Album.

„Zieh die Schuh aus“, den Song hab ich bei „Sing meinen Song“ gemacht. Ich hab Roger viel früher schon kennen gelernt. Noch bevor er bekannt wurde, er seinen Durchbruch hatte. Das hat auch länger gedauert, warum auch immer. Er war ein fantastischer Sänger. Einer der größten in Deutschland. Diesen Song hab ich mir damals ausgesucht, weil ich auch so Musik gerne mag. Das war nah dran am Swing. Meine Familie mag gerne Swing. Ich bin mit Frank Sinatra und Dean Martin aufgewachsen.


Musik kann man im großen Stil mit Orchester oder reduziert vortragen. Wie sind Ihre Empfindungen, was mögen Sie?

Bin bei der Tour, die wir jetzt unternehmen, lange hin und her gerissen gewesen. Es ist relativ üblich, dass man eine Platte erstmal in kleinen Konzertsälen und in kleiner Besetzung vorstellt. Doch während ich das Album gemacht habe, hab ich gemerkt, dass die Songs alle relativ groß sind. Dass wir viele Streicher und Bläser eingesetzt haben und eigentlich relativ orchestral unterwegs sind, obwohl es eine Pop-Rock Platte ist. Daran hab ich gemerkt, das muss auch so auf die Bühne. Das war der Grund, warum ich die Musik in wunderbaren Sälen spielen möchte, was auch Spaß macht. Ich wollte zum ersten Aufschlag es so präsentieren, wie ich es auf der Platte meint hab. Vielleicht gibt es später noch eine Akustik Tour.


Kennen, beziehungsweise mögen Sie Stuttgart? Und, haben Sie einen Seelenort?

Stuttgart ist super. Leider bin ich oft nicht lange genug in einer Stadt. Aber ich glaube, ich hab ein Gefühl entwickeln können, in kurzer Zeit die Atmosphäre einer Stadt und Lokalität aufnehmen zu können. Sinne dafür zu schärfen. Man merkt dann doch schnell, wie eine Stadt so drauf ist. Berlin ist schneller. Hamburg gelassener. Und Stuttgart finde ich hat durch den Kessel eine gewisse Anspannung, ist aber eigentlich ganz cool. Bezüglich dem Seelenort schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Wenn ich unterwegs bin, will ich nach Hause. Bin ich zu Haus, will ich unterwegs sein. Unsere Heimat ist gerade Hamburg. Ich selbst komme aus Westfalen. Kürzlich erst hab ich meine Kumpels aus Soest getroffen. Das ist auch ein großer Teil von mir. Ein Seelenort kann also überall sein. Man trägt ihn bei sich – wenn man diesen mit seiner Partnerin genießen kann sowieso.


Lieben Dank, Sasha, für das schöne Gespräch. Alles Liebe für Sie und Ihre Familie, die ja bald um eine kleine Person größer wird.

Alles Gute.



 




'Glück und Frieden für alle Wesen. Und einen Bourbon bitte'

Nader Rahy  

 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

 

 

 

Im Gespräch mit Nader Rahy  

von Marion Graeber

09. September 2015

 

 

Wie bist du aufgewachsen und wo?


Ich bin gebürtiger West-Berliner und lebe heute immer noch dort. Es brauchte Reisen durch über 80 Länder, um Berlin schätzen zu lernen. Inzwischen gehen mir allerdings andere Aspekte der Stadt auf die Nerven.

Haben dich deine Eltern musikalisch geprägt?

 

Nicht direkt. Ich bin, soviel ich weiß, der einzige Musiker in meiner Familie. Meine Eltern haben mit meinem Bruder und mir zusammen in unserer Kindheit oft längere Reisen per Auto unternommen. Auf diesen war die Musik, die im Autoradio lief und die ich später mit bestimmte, wahrscheinlich sehr einflussreich für meinen späteren musikalischen Weg. Die Beatles waren da sehr weit vorne.

Dein Name 'Nader' bedeutet 'selten, rar, kostbar' und stammt aus dem arabischen (mit persischem Ursprung). Wie bist du zu diesem außergewöhnlichen Namen gekommen?
 

 

Mein Vater gab ihn mir. Er ist im Irak geboren und aufgewachsen.

Hast du Geschwister?
 

 

Ich habe einen älteren Bruder und zwei ältere Halb-Geschwister väterlicherseits.

Welche Musik hast du als Teenager gehört?

 

Mit sechs ‚The Beatles‘. Mit zwölf die progressiven Anfänge von ‚Genesis‘ aus den 1970er Jahren. Nach einer halbjährigen pubertären Trittbrettphase von Geschmacksverirrung, in der aktuelle One Hit "Wunder" meine Gehörgänge besudelten, stieß ich auf Rockabilly Music, die ich daraufhin verschlang. Ihre Wurzeln, der Blues und das, was sich daraus entwickelte erweiterte meinen musikalischen Wissensschatz dann bis heute.

 

 

 

 

Mit zwölf hast du angefangen Schlagzeug zu spielen. Mit 16 warst du Sänger und Gitarrist einer Rockabilly Band. Ab wann war dir klar, dass du dein Leben der Musik widmen möchtest? 

 

Mit zwölf war mir klar, was ich am liebsten tue. Mit 15 war ich bereits so rebellisch, dass es für mich nicht mehr in Frage kam, je etwas zu tun, was mir keinen Spaß bereiten würde. Trotz dem Versuch "des Systems", mir weiß zu machen, dass das "brotlose Kunst" sei, wich ich nie mehr davon ab.

Wann begann die Zeit des Sänger/Songwriters für dich?

Mit dem Schreiben erster Songs, also mit 15. Das Genre "Singer/Songwriter" betrat ich wahrscheinlich in dem Moment, in dem ich Songs an der Akustik Gitarre zu singen begann. Also mit 18 oder 19. Davor hatte ich bereits Songs geschrieben, sang sie aber, während ich Schlagzeug spielte.

Du wurdest im Jahr 2000 als bester Sänger ausgezeichnet. Was bedeutet dir das Instrument 'Stimme'?
 

 

Es ist das einzige Instrument, dass neben Rhythmus und Harmonie auch sprachlichen Inhalt zu transportieren vermag.

Deine Zeit bei Nena - wie kam es dazu?

Sie war zufällig anwesend, als ich einen kurzen Gastauftritt bei einem Clubkonzert ihres damaligen Bassisten hatte. Ich war damals musikalisch zu sehr vielen Zeiten an sehr vielen Orten, bis es zur richtigen Zeit der richtige Ort war.

Wie lange warst du mit Nena als Live- und Studiomusiker unterwegs?
 

 

Bisher sind es 13 Jahre.

Du hast auch in dieser Zeit komponiert?
 

 

Ich habe einige Songs mitgeschrieben, ja.

 

Auch für TV Produktionen hast du die Soundtrack Musik geliefert. Welche Filme waren das? 

 

Ich hab einen Teil der Musik des Christoph Schlingensief-Filmes "Die Piloten" komponiert und produziert. Für TV Serien habe ich auch geschrieben und produziert.

Deine Zeit bei 'The Voice of Germany' - eine wichtige Erfahrung für dich?
 

 

Die Erfahrung war nicht sonderlich lehrreich, weil für mich nichts sonderlich Neues passierte. Der Zweck der Sache war wichtig, und zwar die Serie als effektive Promoplattform zu nutzen. Der "Ruhm" danach war interessant, aber mir war die kurze Halbwertzeit der Treue der Mainstream TV-Konsumenten vorher schon durchaus bewusst, weswegen ich mir da keine Illusionen machte. Wirklich fruchtbar war und ist es, darauf aufzubauen, in dem man hart arbeitet.

 

 

 

 

Im Jahre 2010 hast du deine Band 'Les Blaque Pearlz' gegründet. Wie kam es zu diesem Namen?

 

Die Idee zu dem Projekt entstand auf einem Schiff in der Karibik, wo ich drei Monate lang in der Schiffsbar für diese Verhältnisse ziemlich coole Musik spielte. Anstatt das übliche Tanzmusikprogramm abzuleiern, spielte ich viel Rockabilly und Folk.

Wie ist das Projekt zur Band entstanden?
 

 

Es ist nur live eine Band. Im Prinzip sind 'Les Blaque Pearlz' auch mein Solo Projekt, da ich die Musik allein schreibe und produziere. Nur ist die Musik dieses Projektes anders, als die meiner Solo-Platte. Ich mag sehr viel, sehr unterschiedliche Musik. Am liebsten würde ich zehn verschiedene Projekte fahren. Um das live umzusetzen bezahle ich Musiker.

 

 

 

 

Wie würdest du deine Musik beschreiben?

 

Ich versuche Musik zu schreiben, die mich nicht langweilt. Viele auch gute Songs sind sehr, sehr vorausschaubar. Wenn der Song vom Vibe lebt, von einer Spannung und Atmosphäre, dann kann das großartig sein. Oft aber - besonders in der Top Ten Radio Landschaft - langweilt mich die Musik zu Tode.

Bist du ein melancholischer Mensch?
 

 

Ja, aber ich liebe das Leben und sehe zum Glück auch in Leid immer sehr großes Potential für Wachstum und daraus resultierendes Glück.

Verarbeitest du in deiner Musik und in deinen Texten persönlich Erlebtes?
 

 

Selbstverständlich.

Wenn du auf Tour bist - Was erwartet die Zuschauer auf deinen Konzerten?
 

 

Ehrlich dargebotene, gute Musik. Und mich, eine Mischung aus Adonis, dem Hulk und Frank Sinatra...HAHAHA!

Wie wichtig sind dir die Nähe und die Interaktion mit den Zuschauern, deinen Fans?
 

 

Ich spiele gern in kleinen Venues, weil die Intimität zwischen dem Publikum und mir die Möglichkeit für einen Austausch - sowohl während der Show, als auch danach - größer macht.
Auch große Shows können ihren Charme haben, aber ich sehe beim Spielen lieber in die Augen von Individuen, als auf die Köpfe von Massen.

Wo wohnst du?
 

 

In Berlin. Und wenn ich woanders bin in Hotels oder meinem Bus.

Hast du ein Lebensmotto?
 

 

Viele. Mein Lieblingsmotto zurzeit:
Folge deinem Herzen... nicht wegen dem, was du kriegen wirst, sondern wegen dem, zu dem du heranwächst.

Ein Lieblingssong?
 

 

Viele. Lange war es tatsächlich ein Song, den ich aufgrund der ganzen Erfahrungen, deren Soundtrack dieser Song war, favorisierte. Das ist "Nutshell" von Alice in Chains.

Ein Lieblingshobby ...  Eine Leidenschaft ...
 

 

Ich surfe inzwischen leidenschaftlich gern (Wellenreiten) und habe dieses Jahr mit Skydiving begonnen. Zurzeit denke ich an kaum etwas anderes.

Wie findest du Stuttgart?
 

 

Ganz nett. Zurzeit zieht es mich aber mehr nach Süd-Westen. Da ist das Wetter auch besser, als im Norden, aber es ist näher an der Atlantik-Küste. 

 

 

 

 

Gefällt dir, als Herzensmensch, der Tango Argentino? Der Tanz, die Musik? 

 

Ich bin kein guter Tänzer. Die Musik ist teilweise sicher großartig. Diese Art zu tanzen wirkt auch sehr erotisch motiviert auf mich.

Magst du die Musik des Astor Piazzolla?
 

 

Was ich davon so finde gefällt mir gut.

Welchen Musiker hättest du gerne kennengelernt oder über welche musikalische Begegnung bist du besonders glücklich?
 

 

Ich hab schon einige "große" Musiker getroffen. Ich hab Dimebag Darrel mal die Hand gegeben, bevor er zwei Jahre später erschossen wurde. Eine meiner Lieblingsbands „Blackberry Smoke" habe ich auch kennengelernt. Mit Jim Morrison hätte ich gern gefeiert. Mit Björk würde ich gern musizieren. Mit Sinatra würde ich auch gern einen trinken. 

 

Ein Wunsch .. 

 

Glück und Frieden für alle Wesen. Und einen Bourbon bitte.

 

 

 

 

 Vielen Dank Nader. Alles Liebe!  

 

 

 

 

 


 

 

'Der Magic Moment ist in der Musik das Wichtigste'  

Gregor Meyle 

 

 

Foto: Sebastian Sach

 

 

 

Gregor Meyle schenkt seinem Publikum unvergessliche Momente. Er singt über Bescheidenheit, Neugier und Perspektivenwechsel. Wundervolle musikalische Augenblicke voller Bilder und Emotionen. Immer intensiv und intim verzaubert Meyle sein Publikum mit musikalischer Brillanz und purem Entertainment. Auf der Bühne gibt’s das Leben durch seine Brille betrachtet. Dazu persönliche Geschichten zur Entstehung seiner Songs. Er sinniert über all das, was für ihn in der Welt gut und auch schief läuft.  

 

Wer Gregor Meyle schon einmal live erlebt hat, weiß, es gibt keine inszenierte Bühnenversion. Sein Auftritt ist hundert Prozent Gregor Meyle und dazu gehört auf alle Fälle auch die Interaktion mit seiner Band und dem Publikum. Manchmal kocht er sogar auf der Bühne für die Zuhörer den „besten“ Cappuccino.

 

"Gregor Meyle ist für mich einer der größten Entdeckungen der letzten zehn Jahre", sagt Xavier Naidoo.   

 

 

 

Interview mit Gregor Meyle 

von Marion Graeber

08. Juni 2014

 

 

Wie wichtig ist dir die Nähe zum Publikum?  

 

Wir sind immer so nah dran am Publikum. Ich komm ja von der Kleinkunst. Haben im Schnitt immer so 100 bis 120 Leute auf den Konzerten gehabt und 100 Konzerte im Jahr gespielt.  

Wir sind früher immer zu zweit oder zu dritt unterwegs gewesen. Jetzt haben wir eine komplette Band am Start. Sehr beeindruckend, was das für Musiker sind.  

 

Wie charakterisierst du deine Musik?

 

Das ist eine schwierige Frage. Ich bin Singer/Songwriter. Ich möchte immer einen kompletten Song schreiben, der einen Vers hat,  der einen auf eine Reise mit nimmt. Da ist mir die Musik genauso wichtig - fast wichtiger - als der Text.  Der Text ist für mich so die Geschichte des Songs, oder der Charakter ...  und die Musik ist die komplette Filmmusik drum herum.  

Die Filmmusik hat man immer im Kopf auch wenn man nicht mehr genau weiß, was im Film eigentlich passiert ist. So sehe ich das für mich auch. Dieses Songwriting mit einem kompletten Programm, das ist nicht mehr ganz so modern, aber auf  Platz 5 hat es in Deutschland trotzdem gereicht. Das ist ja schon mal nicht schlecht. (Lacht).

 

 

 

 

  

Die Texte sind sehr tief und gehaltvoll…

 

Für mich sind meine Texte auch da, um mich selbst zu ermuntern. Ich verarbeite damit beispielsweise, wenn es meinen Freunden nicht so gut geht. Oder die Dinge, die so in meinem Umfeld passieren. Ich halt mich jetzt nicht so für mega poetisch. Ich schreib halt meine Songs und der Text darf nicht von der Musik ablenken. Am Schönsten ist es, wenn man Text und Musik gleichzeitig versteht.  

Jeder Zuhörer versteht und hört etwas anderes und hat dazu dann seine eigene Geschichte. Jeder hat so sein Päckchen zu tragen. Es ist mir sehr wichtig, dass man nicht jedem erklären muss, warum man jetzt ein Lied so geschrieben hat, wie man es eben geschrieben hat. Jeder hat seine Geschichte mit den Songs und das ist echt schön.

 

Jeder der die Songs hört, soll diese für sich aufnehmen, verarbeiten, genießen?

 

Ja, genau. Jeder kann und darf. Jeder hört es wie er es will und ich schreib es so wie ich es will. (Lacht).

 

 

 

 

 

Muss man ein melancholischer Mensch, ein Gemütsmensch sein, um so eine Musik schreiben zu können?

 

Bei mir ist das so, dass ich im normalen Leben überhaupt nicht melancholisch bin und das in der Musik schon ein bisschen auslebe. Es sind jetzt nicht alle Songs melancholisch, aber man sollte schon – man kann ja auch Selbstmitleid dazu sagen – ich sag jetzt mal, man sollte eine leichte Exzentrik haben und einen Hang zur Poesie.

Man kann Dinge ja in verschiedenen Varianten sagen und es gibt Dinge, die ja auch extrem zweideutig sind. Bilder bauen, Metaphern benutzen um auf etwas hinzuweisen – das lieb ich. Mir ist es aber auch wichtig, nicht mit dem Zeigefinger anzukommen.  

 

In „Hier spricht dein Herz“ geht es beispielsweise darum, wie es der Titel schon sagt, dass dein Herz mit dir spricht, man aber die Kommunikation auch manchmal verliert. Wenn man aber sein Lächeln im Gesicht behält, wenn man mit sich im Reinen ist, wenn man lächelt, ist alles gut.

 

 

 

 

 

Die Interaktion mit dem Publikum ist dir wichtig?

 

Ich liebe ja meinen Beruf. Und mein Job ist es, den Leuten einen schönen Abend zu bereiten. Das mach ich halt mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. Da kann man jetzt beispielsweise ne  Lasershow machen oder einfach nur am Mikrophon stehen. Ich erzähl halt gern ein paar lustige Geschichten oder geh auf irgendwelche Themen ein. Die Leute sollen mal richtig gerührt worden sein, aber auch mal richtig gelacht haben. Wie in einem schönen Kinofilm.

 

Du machst ab und zu auch einen Cappuccino auf der Bühne?

 

Ja, das mach ich je nach dem wie nett die Leute sind. (Lacht herzlich). Ich hab immer so ne Cappuccino-Maschine, so einen Gaskocher und nen Aufschäumer dabei.  Kürzlich waren wir bei Antenne 1 in Stuttgart, da ist das alles ausgelaufen und hat sich schön über das Schlagzeug verteilt. Gerade im Sommer ist das eine sehr angenehme Sache. (Lacht).

 

Wenn man 200 Tage im Jahr unterwegs ist. Also, Musiker sind oftmals extreme Kaffeetrinker. Da ist ein vernünftiger Cappuccino viel wert.

 

 

 

 

 

Was bedeutet es dir gut zu essen?

 

Ich hab mir ja den VW Bus von Xavier (Naidoo) ausgeliehen. Den hab ich Xavier jetzt abgekauft. (Lacht).  Jetzt waren wir kürzlich ein paar Tage in Frankreich auf Campingplätzen, direkt am Meer. Man kann in Frankreich ja gut essen. Aber auch schlecht. Jedenfalls kann man in Frankreich super Lebensmittel einkaufen. Ganz frisch. Frischen Fisch beispielsweise. Und dann auf den Gaskocher… Ich bin so ein bisschen der Jamie Oliver. (Lacht).

 

Wie ist dein Verhältnis zum Kochen? Du hast ein Kochbuch geschrieben?

 

Es gibt zwei Kochbücher. Eins davon hab ich mit Sascha Wolter aus der Backnanger Stuben gemacht. Er ist Sternekoch. Wir haben uns ein Jahr lang an den Wochenenden getroffen und sind auch mal zusammen nach Sardinien geflogen. Dort haben wir gekocht und daran gearbeitet. Da stehen auch die Noten drin vom vorangegangenen Album. Die Noten kann man nachspielen. Mittlerweile hat es sich eingeschlichen, dass immer wenn wir ein Album machen, Kochrezepte mit veröffentlicht werden. Es ist also ein Songbook mit Kochrezepten. Und die Leute, die keine Noten lesen können, die können sich was kochen.  

 

Essen ist toll und kochen auch. Es ist schön, mit Freunden zusammen zu sitzen. Da nimmt man sich Zeit füreinander.

 

Was für einen Anlass musst du haben um eine gute Flasche Rotwein auf zu machen?  

 

Das ist ganz einfach. Man wird sich immer an den Tag, an dem man die Flasche geöffnet hat erinnern. Also ist der Tag, an dem du die Flasche auf machst, der Anlass.  

 

 

 

 

 

 

Ein Gedanke…  

 

Ich liebe meine Arbeit, aber ich genieße es auch Ruhe zu haben und Zeit mit meiner Familie zu verbringen. In der Toskana, mit der ganzen Familie. Der schönste Traum ist es, wie in der Werbung, die weiße Tischdecke und die ganze Familie gemeinsam zum Essen am Tisch. Und den ganzen Tag essen….(Lacht)

 

Sprichst du italienisch?

 

Ich hab viele sehr gute Freunde in Italien. Ich verstehe italienisch ganz gut. Zum Einkaufen reicht es. Sprechen, so halbwegs.

 

 

 

Dein neues Album ‚New York – Stintino‘ wie ist dein Verhältnis zur Großstadt und wie zur Natur?

 

Wenn du es von der Musik her siehst. Also ich war jetzt das erste Mal in New York. Wann kannst du als Musiker aus Jagsthausen schon mal ein Album in New York aufnehmen? Wir waren nur exakt zwölf Stunden im Studio. Aber eben im Avatar Studio. Eine Woche zuvor hat Paul McCartney noch im selben Studio aufgenommen. Ist vor dem selben Mikrophon gestanden. Das ist einfach Wahnsinn. New York ist die große, weite Welt. Jeden Abend passiert Live Musik. Selbst in der U-Bahn. Du stehst da und hörst die Musiker mit ihren Gitarren. Die spielen so geil. Für ein paar Dollar.   

 

 

 

 

New York – Stintino…

das ist so ein Widerspruch der auf dem Album mit drauf ist. Die große, weite Welt und die kleine, intime, schöne, mediterrane Welt. Stintino, das ist ein kleiner Ort auf Sardinien, wo du wahnsinnige Landschaften hast. Wenn du das Album aufklappst, siehst du den Meyle mit seiner Gitarre links auf einem Stein sitzen. Das ist original die Stelle, wo ich die Songs geschrieben hab. Das ist mein Plätzchen. Ich schau aufs Meer. … New York haben wir reingebastelt - für die Verbindung.


Bist du ein Naturmensch?

 

Ja, wenn du aus Jagsthausen kommst, da hast du das Jagsttal und die Natur. Unsere Gegend wird nicht umsonst die Toskana Süddeutschlands genannt. Es ist wirklich schön da. In der Natur kommst du halt wirklich zur Ruhe. Es ist wichtig, dass man so seine Inseln hat.

 

Lebensmotto

 

(Überlegt). Viele Dinge mit Humor nehmen. Ich bin ein absoluter Netzwerker...  Wenn Gelegenheit auf Bereitschaft trifft….  Man muss Glück haben, man darf sich aber auch für nichts zu schade sein.....  

 

 

 

 


Wolltest du immer Musik machen?

 

Ich hab ja 13 Jahre lang einen anderen Job gemacht. Ich war quasi Dienstleister für Musiker. Hab mir das alles immer schön angeschaut. Wollte aber immer auch eigene Musik machen. Das hat ja dann im Jahre 2007 mit der Castingshow bei Stefan Raab super geklappt. Da durfte ich meine eigenen Songs vortragen. Von da an ging das los.

Die Langfristigkeit ist das Entscheidende. Wenn die Leute auch in zehn Jahren noch zum Konzert kommen wäre das ein Traum. Da arbeiten wir dran.

 

Tanzt du gerne?

 

Ich kann keinen Meter tanzen. Meine Mama war Tanzlehrerin in der Volkshochschule, aber ich hab mich immer hinter der Gitarre versteckt. Meine Füße machen immer was anderes wie der Rest vom Körper. Ich hab einen ganz lustigen Rhythmus. Mein linkes Bein macht immer einen anderen Rhythmus wie das Lied. Und wenn ich auf mein Bein schau, komm ich aus dem Konzept. (Lacht). Ich würde super gerne tanzen. Meine Freundin ist eine wahnsinnige Tänzerin. Aber für mich reicht es nur für zuhause.

 

 

 

 

 

Du hast beim Vox Format „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ teilgenommen. Was war aufregender seine eigenen Songs neu interpretiert zu hören, oder sich die Lieder der anderen Künstler eigen zu machen?

 

Beides. Ich hab mich auf jeden Abend, auf jeden Moment gefreut. Es ist einfach ein wahnsinniges Gefühl, wenn du von Superstars deine Songs interpretiert bekommst und auch die anderen Songs interpretieren darfst. Wir wollten die jeweils anderen ja auch immer überraschen und beeindrucken mit der Version, die wir uns ausgedacht haben. Das hat ja auch ganz toll funktioniert.

 

Der Live Charakter kam sehr gut rüber

 

Absolut. Ganz genau. Das waren ganz tolle Konzerte. Du machst keine Animation. Du singst den Song für die Leute, die ihn geschrieben haben. Das war sehr schön.

 

Wie war das Verhältnis zwischen euch Musikern?

 

Wahnsinn. Also, das ist erschreckend gewesen, dass uns das am Anfang so nicht abgekauft wurde. Auch als uns die Geschichte von Andreas (Gabalier) so berührt hat. .. Es ist schlimm, wenn man Authentizität nicht erkennen kann.

Ich fand es toll bei dem Format dabei gewesen zu sein. Es geht um Echtheit, um die Musik. Um echte Musik.

 

 

 

 

 

Was magst du an deutschen Songtexten?

 

Du verstehst halt den Text in dem Moment, wo auch die Musik spielt. Du musst es nicht erst im Kopf übersetzen. Das ist das Entscheidende. Das was der Mensch gleich versteht, kommt gleich als Message und als Gefühl an.

Ich lieb schon auch englische Musik. Meine ganzen Helden singen englische Texte. Aber ich hör gar nicht so sehr darauf. Ich liebe die Musik.

 

Ein Wunsch

 

Ein Wunsch ist, Musik und Familie unter einen Hut zu kriegen und auch eine Familie zu gründen.  

 

 

 

Lieben Dank für das herzliche Gespräch, Gregor. Wünsch dir alles Liebe.

 

 

 

 

'Ich tanze innerlich'

Roger Cicero 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

 

 

Sanft, gefühlvoll und tiefgründig – Roger Cicero berührt nicht nur mit seinen Liedtexten. Er berührt als Mann, als Sänger, als Entertainer. Er ist der Gentleman im Anzug und mit Hut. Mit seiner klaren Stimme war er es, der die Big Band Musik und den Swing in der deutschen Sprache salonfähig gemacht hat. Sein wohl wichtigster Song „Zieh die Schuh aus“,eröffnete ihm im Jahre 2006 eine wundervolle Welt und ist verantwortlich für seinen Karrierestart.

 

Seine Songs berühren und gehen unter die Haut. Sie zaubern ein Lächeln ins Gesicht und lassen auch so manche Träne kullern.  


 

Interview mit Roger Cicero 

von Marion Graeber

15. Mai 2014   

 

 

Mit „Was immer auch kommt“ haben Sie aktuell Ihr fünftes Album veröffentlicht. Gerade bei diesem Album hat man das Gefühl Ihnen persönlich sehr nahe zu kommen.

 

Ja, das stimmt.

 

Sie beschreiben das Leben, Lebenssituationen… auch Ihre eigenen. Wie schwer oder leicht war es so ein persönliches Album zu produzieren?

 

Es ist auf der einen Seite relativ leicht. Aus dem Grund, weil man muss sich nicht viele Gedanken über Situationen machen, sich nicht künstlich in sie hinein versetzen. Man fragt sich einfach nur, wie hat sich das angefühlt und wie war‘s. Das ist der leichte Part.

Diese Haltung dann auch tatsächlich in den Texten widerzuspiegeln, das ist der schwere Part. Gerade mit der deutschen Sprache ist das einfach extrem. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn man kann sich äußerst genau ausdrücken und muss dies auch tun. Das ist nicht immer leicht.   

 


Inwiefern helfen Ihnen die Songs (die Texte) bei Ihrem Blick auf das Leben?

 

Gerade wegen dieser intensiven Auseinandersetzung ist das natürlich eine sehr große Hilfe. Man ist so zu sagen gezwungen sich über einige Sachen klar zu werden. Sie immer wieder zu hinterfragen. Das ist eine Sache, die ich als Mensch sehr häufig tue. Im Grunde genommen eine ganz gute Eigenschaft, wenn man es nicht übertreibt.

 

Möchten Sie dies auch Ihren Hörern vermitteln? Dieses ‚auf das Leben schauen‘….

 

Ja, ich bin der Meinung es gibt kein Wachstum, wenn man sich seinen Schwierigkeiten und Problemen nicht stellt. Ich denk nicht, dass man dem aus dem Weg gehen kann und an Abkürzungen hab ich noch nie geglaubt.

Es ist wichtig durch unangenehme Situationen zu gehen und diese auch an sich ran zu lassen. Die Belohnung ist die Kraft, die man daraus zieht. Aber die kriege ich nur, wenn ich mich auch wirklich stelle. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich Dinge in der Vergangenheit verdrängt habe, dass diese mich sowieso immer wieder eingeholt haben (lacht).

 

 

 

 

Ihr Titelsong „Was immer auch kommt“ ist sehr jazzig, entspannt, positiv und weich. Eigenschaften, die auch auf Sie persönlich zutreffen?

 

Welche genau?

 

Alle – jazzig, entspannt, positiv und weich

 

Das sind ja gleich vier Dinge auf einmal. (Lacht). Ja, das sind alles Sachen, die mir inne wohnen, aber die ich nicht zu jedem Augenblick abrufen kann. Ich bin natürlich nicht immer positiv, weich und jazzig. Es gibt aber selbstverständlich solche Momente.


In einem Interview sagten Sie, es sei wichtig, sich im Leben eine Offenheit zu bewahren. Wie würden Sie diese Offenheit beschreiben?

 

Ich glaub es ist eine natürlich Eigenschaft von Menschen, Veränderungen erst mal von sich abwenden zu wollen. Wird man mit Veränderungen konfrontiert, löst das meistens erstmal unangenehme Gefühle in einem aus. Das ist dann immer erst mal alles ganz doof und blöd. Und irgendwann lässt man sich darauf ein und denkt:

 

‚Ah, das fühlt sich ja ganz anders als erwartet an‘,

‚Ach, hier kann ich ja sogar was lernen‘,

‚Das bringt mich sogar weiter‘,

‚Das ist ja sogar besser als vorher‘ …..

 

Diesen Prozess finde ich sehr bemerkenswert, weil das im Grunde nichts Neues ist. Trotzdem ist es für mich eher eine tägliche Übung, als ein einmaliges Umdenken. Ich muss mich also immer wieder daran erinnern, da man doch eher geneigt ist Veränderungen sehr skeptisch gegenüber zu stehen.  

 

 

 

 

 

Also das Leben aufmerksam betrachten?

 

Genau. Betrachten.


Mit dem Song „Glück ist leicht“ zeigen Sie auf, dass das Leben aus vielen kleinen Glücksmomenten besteht. Ihr Glücksmoment heute?

 

Mein Glücksmoment heute! Ja, den hatte ich als ich meinen Nachtisch nach dem Mittagessen verzehrt habe. (Lacht). Das war ein sehr sehr glücklicher Moment der mir beschert wurde durch eine Keks-Schoko-Creme. Sehr köstlich.


„Wenn es morgen schon zu Ende wär“ – Das Leben ein Geschenk? Was bedeutet Ihnen Religion? Haben Sie eine spirituelle Ader?

 

Ich würde mich selbst als spirituellen, nicht als religiösen Menschen betrachten. Ich finde, in allen Religionen sehr viele Wahrheiten. Viele Lebensweisheiten und Wegweiser, nach denen man sich richten kann. Mir widerstrebt nur manchmal die Umsetzung und wie das in Religionen gehandhabt wird. Ich hab teilweise den Eindruck, die Umsetzung ist manchmal etwas engstirnig und dadurch widersprechen sich die spirituellen Prinzipien. Das hat dann plötzlich gar nichts mehr mit Toleranz zu tun. Gar nichts mehr mit Nächstenliebe. Das finde ich teilweise sehr befremdlich. Deswegen gehöre keiner Religion an, bin aber ein spiritueller Mensch und praktiziere meine Spiritualität auf meine Weise.  Und das sehr regelmäßig.

 

Sie machen nämlich Yoga….

 

Das ist zum Beispiel auch ein Weg für mich, der da sehr hilfreich sein kann. Aber natürlich nicht nur. Inne halten, Achtsamkeit, Dinge hinterfragen, in einem ruhigen Moment zu beleuchten, das ist für  mich auch Spiritualität.

 

Das kann jeder umsetzen. In fast jeder Situation und an vielen Orten….

 

Genau.

 

Ihre Textzeile - Wenn du die Wahl hast ob du stehn bleibst oder tanzt dann hoff ich, dass du tanzt – Tanzen Sie?
 

Ich tanze innerlich. (Lacht). Für mich persönlich ist das eine innere Haltung, die ich damit beschreiben möchte, aber selbstverständlich darf man das auch wörtlich nehmen.

 

„Endlich wieder frei“ – „Ich schmeiße mich dem Leben an die Brust….“. Vielleicht Ihre Empfehlung für alle Lebenslagen? Sich auf das Leben einlassen…
 

Das mit dem Einlassen ist immer so eine Sache, man kann sich nicht aussuchen, dass man sich  nur auf die positiven Sachen einlässt. Umso mehr man sich öffnet umso durchlässiger  wird man dann auch. Dann ist man natürlich für alle Einflüsse zu haben und empfängt alles gleichermaßen stark. Und das ist dann wiederum die Kehrseite. Das ist aber trotzdem für mich der einzige Weg.


„Durch deine Augen“ und „Frag nicht wohin“ – zwei Lieder die Sie für Ihren Sohn geschrieben haben. Für Sie die emotionalsten Titel auf dem Album?
 

Ja, das ist auf jeden Fall so. Seitdem ich Vater bin sehe ich das alles nochmal mit ganz anderen Augen. Da passt die Zeile ‚Durch deine Augen sehn‘ nochmal umso mehr. Gar nicht mal von der Warte aus betrachtet, dass ich im Beobachten meines Kindes einfach die Dinge anders wahrnehme, sondern auch auf mein eigenes Leben plötzlich anders blicke. Das ist ein großes Geschenk.  

 

 

 

 

Sie selbst sind auch mit einem berühmten Vater aufgewachsen, dem Jazzpianisten, Eugen Cicero. Rührt Ihre Liebe zum Jazz aus der Kindheit?

 

Mein Vater hat mich maßgeblich beeinflusst. Definitiv. Im Jazz muss man gewisse musikalische Hörgewohnheiten pflegen, um sich dafür jetzt wirklich begeistern zu können. Das hat auch bei mir seine Zeit gedauert.  Als ich mit elf Jahren meinen ersten Walkman bekommen hab, hab ich beispielsweise die Beatles rauf und runter gehört. Später dann Stevie Wonder. Ich bin dann über Künstler wie Al Jarreau und George Benson zum Jazz gekommen. Intensiv mit der Materie befasst, habe ich mich seit meiner Zeit im Bundesjugend Jazzorchester.

 

Denken Sie, man muss damit aufwachsen, um den Zugang zum Jazz zu kriegen?

 

Nein, man kann immer eine Begeisterung dafür entwickeln. Vor allem auf Live Konzerten.

 

Ihre Mutter war Tänzerin – welche Art von Musik liebt sie?
 

Meine Mutter ist natürlich auch durchaus begeistert von Jazz, mag aber auch gute Popmusik sehr gerne. Wir haben früher sehr viel den amerikanischen Sender in Berlin gehört. Da ist auch der Bezug zu englischsprachiger Musik bei mir sehr gewachsen. Ich bin ja auch erst recht spät zum deutschen Interpreten geworden.

 

Wie wichtig sind Ihnen deutsche Texte heute?

 

Ja, das Tolle daran ist eben die Sicherheit, verstanden zu werden. Das hat eine ganz neue Ebene in meine Kunst gebracht.

 

Im Moment läuft auf Vox ‚Sing meinen Song - das Tauschkonzert‘. Wie war für Sie die Arbeit mit den Künstlerkollegen? Wie die Arbeit mit den verschiedenen Musikrichtungen?

 

Das Schöne war, dass ich da selber in meiner Interpretation freie Hand hatte und mir jeden Titel sehr mundgerecht zuschneiden konnte. Das war für mich auch der große Reiz und ich wollte unbedingt an diesem Format teilnehmen. Mein Themenabend war für mich ein sehr besonderer Abend. Meine Versionen so anders interpretiert zu hören - das war echt klasse.

 

Man hat auch das Gefühl, alles passiert –live-  

 

Ja, wir sind alle live aufgetreten und gerade durch diese Livemomente, sind sehr spezielle Momente entstanden.

 

Nun gehen Sie mit großem Orchester auf Tour....

 

Ich freu mich sehr auf die Termine im Sommer und im Herbst. Auf die Tour. Ich hab mir auf dem Album ja den einen oder anderen leisen Ton gestattet. Das nun live umsetzen zu können, mit dem großen Orchester ist das Highlight.

Es gab jetzt auch schon einige Konzerte, in denen wir das gemacht haben. Da bekommen die neuen Stücke einen ganz anderen Anstrich, ohne dass ich dabei die Anmutung verändern würde. Das ist echt spannend. Wir haben bisher einen sehr großen Zuspruch gehabt. Stücke, die in kleiner Besetzung eingespielt wurden, jetzt im großen Gewand auf die Bühne zu bringen, fühlt sich fantastisch an. Die Menschen, die das live gesehen haben, waren bislang völlig begeistert.

 

Ein Wunsch….

 

Gesundheit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Herzlichen Dank lieber Roger Cicero. Alles Liebe! 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

'Die Gitarre ist eines der vielseitigsten Instrumente. Sie kann schreien, weinen, streicheln und romantisch sein'

Lorenzo Petrocca 

 

 

 

 

Interview mit Lorenzo Petrocca

von Marion Graeber

10. April 2014 

 

Du bist als 15jähriger von Italien nach Deutschland gekommen. Welche Art von Musik hast du zu dieser Zeit, als Jugendlicher gehört?

 

Damals hörte ich hauptsächlich Discomusik, Blackmusic. Wir schrieben das Jahr 1978 und die Popmusik war gute, handgemachte Musik. Anders wie heute. Ich hörte Bands wie 'Bee Gees', 'Kool and the Gang', 'The Commodores' und später auch 'Earth Wind & Fire', Stevie Wonder und so weiter.... 

 
Hast du damals schon ein Musikinstrument gespielt? Davon geträumt? War es dein Wunsch, ein Musikinstrument zu erlernen?

 

Nein, ich war Boxer. Ich träumte davon, Weltmeister im Boxen zu werden. Boxen war damals mein Leben.  


Wie viele Geschwister hast du? Wie sah euer gemeinsames Leben als Kinder aus?

 

Wir sind zu sechst. Fünf Jungs (davon vier Musiker) und eine Schwester. Unser Leben war lange sehr schön. Wir sind eine große Familie. Viele Cousins, Tanten, Onkels. Wir hatten eine wunderschöne Kindheit mit vielen gemeinsamen Familienfesten. Doch in den letzten zwei Jahren in Italien habe ich erfahren müssen, was es heißt zu hungern. Auch was es bedeutet einen Überlebenskampf zu führen, ohne dabei die Würde zu verlieren.  

 

Wie bist du aufgewachsen? War Musik ein Thema in eurer Familie? Jazz vielleicht über die Eltern kennen gelernt?

 

Ich wurde in Crotone geboren und bin dort auch aufgewachsen. Crotone ist eine Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern. Sie liegt direkt am Mittelmeer und ist ungefähr 3.500 Jahre alt. Eine sehr geschichtsträchtige Stadt. Mein Vater war selbstständiger Konditor. Meine Mutter und wir Kinder haben oft im Geschäft mitgearbeitet. Das war für uns Kinder sehr spannend aber auch harte Arbeit und anstrengend.  

 

Jazz spielte in unserer Familie keine große Rolle. Also, ich bin nicht mit dem Jazz aufgewachsen. Doch Italien ist Musik und wir hörten verschiedene Genres. 

 

 

 

 

 

 

Du warst als Teenager sehr sportlich. Hast dich als Boxer hochtrainiert und hast es als 18jähriger zum baden-württembergischen Landesmeister geschafft. Was hat dir der Sport damals bedeutet? Was bedeutet er dir heute? Ist Ehrgeiz ein wichtiger Charakterzug um seine Träume zu verwirklichen?

 

Ehrgeiz ist ein notwendiger Charakterzug um seine Träume zu verwirklichen. Talent und Glück allein reichen langfristig nicht.

Boxen war damals mein Leben, ich träumte davon Weltmeister zu werden und ich war sehr talentiert. Eigentlich hatte ich als Boxer mehr Talent als heute als Musiker. Ich denke, ich wäre weit gekommen, wenn ich nicht wegen der Musik aufgehört hätte.  

 

Der Sport bedeutet mir auch heute noch viel. Ich trainiere täglich. Im Sommer fahre ich gerne Fahrrad. Ich rauche auch nicht - aber meinen Vino Rosso genieße ich fast täglich. 

 

Wie bist du zur Musik gekommen? Wie zur Gitarre?

 

Durch meinen Freund, Luca aus Napoli. Er wollte mich zum Training begleiten. Ich nahm ihn mit. Er hatte seine Gitarre dabei. Dann passierte es....
Ich denke, es war ein Zufall, wie fast alles im Leben. Hätte mein Freund Saxophon gespielt und dieses Instrument mitgebracht, würde ich heute vielleicht Saxophon spielen.

 

 

 

 


Was bedeutet dir der Jazz?

 

Heute bedeutet mir der Jazz sehr viel. Er gibt mir Gefühle, die mir nur die Jazzmusik geben kann. Ich bin der Überzeugung, dass der Jazz in der Musikwelt die größtmögliche Freiheit geben kann. Mit dem Jazz ernähre ich meine Familie und manchmal gelingt es mir mit meiner Musik Menschen glücklich zu machen. Das wiederum macht mich glücklich.

Durch den Jazz durfte ich fast überall auf der Welt zu Gast sein. Menschen treffen, die ich sonst niemals hätte kennen lernen können. Jazz bedeutet mir sehr viel. 


Jazz und Gitarre - wann hat sich die Gitarre als Jazzinstrument etabliert?

 

Die Gitarre hat sich im Jazz Anfang des 20. Jahrhunderts etabliert. Durch Eddy Lang (Salvatore Massaro), ein süditalienischer Einwanderer. Und später durch Charly Christian. Dann folgten Django Reinhard und alle anderen, wie beispielsweise Barney Kessel, Tal Farlow, Jim Hall und so weiter. Wie so oft gab es parallele Entwicklungen, in Europa und den USA. Heute sind Musiker wie George Benson  und Pat Metheny die Vorzeigemusiker des Gitarrenjazz. Und das zu recht.   

 

Welche Möglichkeiten bietet dir die Gitarre, dich, deine Emotionen und den Jazz so auszudrücken, wie du ihn deinem Publikum vermitteln möchtest?

 

Weißt du, die Gitarre ist eines der vielseitigsten Instrumente. Sie kann schreien (Rock), weinen (Blues), streicheln (Funk) und sie kann romantisch sein (Klassik). Das alles kannst du in der Welt der Gitarre hören. Ich versuche immer diese Facetten zu mischen. Das macht auch meine große Affinität zu Jazzballaden aus.  

 
Du hattest keine Gitarrenstunden. Bist Autodidakt, wie viele große Musiker. Hast du ein besonderes Gespür für die Musik, besondere Gefühle?

 

Schwere Frage. Ich liebe Musik. Wahrscheinlich hört man in und aus meiner Musik meine Biografie, meine Herkunft und mein hartes Leben. Im Jazz spielst du eigentlich so, wie es deiner Persönlichkeit entspricht.  

Es gibt aber auch Musiker, die 'eine Lehre' absolviert haben. Sie spielen in Perfektion, aber oftmals ohne jegliche Persönlichkeit. Ich hoffe, ich gehöre zur ersten Kategorie.  

 

 

 

 


Wie schwer war es, sich als Musiker seinen Platz im Leben, in der Szene zu schaffen?

 

Es war und ist nicht einfach. Du musst nicht nur ein guter Musiker sein, sondern auch noch ein zuverlässiger Mensch. Auch Professionalität ist wichtig. Projekte müssen gepflegt und verkauft werden.  

Aber es macht Spaß. Man macht es letztendlich für sich, für die Musik.  

Man muss seinen Weg gehen, zielstrebig und diszipliniert. Aber man darf trotz allem nicht alles dem Jazz opfern, denn es gibt auch ein Leben neben dem Jazz. Viele andere, schöne Dinge neben der Musik. Wenn man das Leben insgesamt schätzt, kann man das Segment "Musik" als einen wichtigen Teil davon sicher gut genießen.  


Dein Weg als Musiker - Ein Weg, den du so immer wieder gehen würdest?

 

Definitiv - ja  


Du hast Familie. Zwei Söhne. Welche Musik hören sie? Machen sie auch Musik? Welchen Weg schlagen sie ein?

 

Mein ältester Sohn, Luca ist sehr musikalisch. Er spielte lange Schlagzeug und Bass. Er war sehr gut, doch nun nach seinem Abitur arbeitet er im Bankwesen und es macht ihm großen Spaß. Er hat sich richtig entschieden. Geht seinen Weg.  

Mein jüngerer Sohn, Maurizio macht im nächsten Jahr sein Abitur. Er hat lange Klavier gespielt. Auch er war gut, doch sein Talent ist der Sport.  

 

Auch deine Brüder sind heute Musiker. Du hast mehrere Bands. Welche Projekte verfolgst du?

 

Franco und Davide sind zwei großartige Bassisten, die auch sehr gut Gitarre spielen. Antonio ist ein sehr guter Drummer.  

Mein Hauptprojekt ist mein 'Organ Trio'. Ich habe in meinem Trio oft Gäste, Saxophonisten, wie beispielsweise Jürgen Bothner, Andy Maile oder den in Sizilien lebenden Gaetano Tucci.  

Aktuell habe ich mit der Sängerin, Fauzia Maria Beg eine gemeinsame CD herausgebracht.  

 

 

 

Neben meinen eigenen Projekten arbeite ich sehr viel als Sideman. Mit der Sängerin, Fauzia Maria Beg als Duo oder mit den Sängerinnen, Anne Czichowsky, ihrem Trio, Barbara Bürkle (Swingin' Woods) und der in Köln lebenden Sängerin, Ulla Haesen (einer Bossa Nova Spezialistin). Neben diesen tollen Sängerinnen arbeite ich auch oft in der Band des Drummers, Pit York, in der Swing Band 'We remember Charles' und oft auch in extra zusammen gestellten Bands oder in Gitarren Duos. In Italien arbeite ich mit dem Mundharmonika Virtuosen, Max de Aloe und vielen anderen Musikern. Es wird mir nicht langweilig (lacht).


Deine langjährige musikalische Beziehung mit Fauzia Maria Beg. Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wie ist eure gemeinsame Arbeit?

 

Ich kenne Fauzia seit über 20 Jahren. Wir wurden damals gemeinsam engagiert. So lernten wir uns kennen. Heute verbindet uns eine schöne Freundschaft.

Wie viele Konzerte gibst du durchschnittlich im Jahr?

 

So um die 130 Konzerte.


Wo sind deine nächsten Konzerte?

 

Am 21. April - 'Petrocca Brothers' im Theaterhaus in Stuttgart

Am 24. April - 'We remember Charles' in der Stuttgarter Jazzhall

Am 25. April - 'Fauzia Maria Beg & Lorenzo Petrocca' im Heidelberger Jazzhaus

 

Deine musikalischen Vorbilder...

 

Hmmm. Neben den Popmusikern, die ich bereits erwähnt habe, Charlie Parker, Phil Woods, Oskar Peterson, Wes Montgomery, George Benson, Joe Pass, Pat Martino..... 

 

Ein Lieblingssong...

 

Einen Lieblingssong habe ich nicht. Ich liebe musikalische Stimmungen.

 

Dein Leben in Stuttgart - good place to be?
 

Sure

Stuttgart ist sicher nicht die schönste Stadt, die ich kenne, aber Stuttgart ist eine saubere, sichere und funktionale Stadt mit tollen Kulturangeboten. Die Jazzszene ist in Stuttgart sehr groß und beherbergt viele tolle Musikerkollegen, die überregional arbeiten und bekannt sind. Außerdem gibt es tolle Jazzclubs in der Stadt und der Region. Ich lebe sehr sehr gerne in Stuttgart, aber sterben möchte ich am Meer.

 

Ein Wunsch....

 

Ja, neben der Gesundheit und einem langen Leben für alle, die ich liebe und für mich selbst, wünsche ich mir mehr Kompetenz bei den Musikkritikern. Ich empfinde es oft als extrem ärgerlich, wie inkompetent manche Kritiker mit der Arbeit von Künstlern umgehen. Würden die Kritiker selbst professionell auf hohem Niveau spielen, wäre ihr Verständnis ein anderes. Doch das ist höchst selten, wenn gar unmöglich. Doch auch eine gute Vorbereitung, Recherchearbeit und das Verständnis für musikalische und menschliche Zusammenhänge und Prozesse würden da schon helfen und so einiges kompensieren.

Menschen behaupten, der Jazz sei eine Lebenseinstellung. Was ist Motto deines Lebens?
 

Ich habe kein Motto. Augen auf und schauen......  

 

 

 Lieben Dank für das Interview, Lorenzo. Alles Gute.

 

 

 

 

 

 

 'Man kann ganz vieles im Leben sein, auch abwechselnd'

Annett Louisan  

 

Foto: Marion Graeber

  

  

 

Interview mit Annett Louisan 

Von Marion Graeber

25. März 2014 

 

 

In Ihrem neuen Album „Zu viel Information“, welches Mitte Februar 2014 erschienen ist, besingen Sie den Wahnsinn der alltäglichen Belanglosigkeiten. Erzählen Sie etwas über Ihr neues Album. Wie lange haben Sie daran gearbeitet?

 

 

Da ich ganz untypisch Frau, nicht so gut darin bin, zwei Dinge gleichzeitig zu machen, konnte ich mich vor eineinhalb Jahren erst richtig auf mein neues Album konzentrieren. Ich war sehr lange mit meinem letzten Album auf Tour und musste erstmal wieder richtig in mein normales Leben eintauchen, um mich auf neue Lieder einlassen zu können. Das Leben hinter den Kulissen inspiriert mich am meisten. Ich singe von Menschen für Menschen. 

Am Mittwoch, 16. April geben Sie in der Stuttgarter Liederhalle ein Konzert. Kennen Sie die Stadt Stuttgart? 

 

Nicht sehr gut, aber ich habe das Stuttgarter Publikum in guter Erinnerung.   

 

Bereits seit zehn Jahren berühren Sie mit Ihrer Musik viele Menschen. Sie regen die Gedanken Ihrer Zuhörer an. Wie entsteht Ihre Musik und wo holen Sie sich die Inspiration für Ihre Texte? 

 

 

Ideen für Texte kommen immer in den ungewöhnlichsten und in unerwarteten Momenten. Im Gespräch, Beobachtungen auf der Strasse, im Halbschlaf, deshalb darf das kleine Notizbuch nirgendwo fehlen. Man lernt mit der Zeit aufmerksamer zu sein. 

Wie und wo fühlen Sie sich wohl? Manche Menschen schreiben gerne in vollkommener Einsamkeit und Ruhe. Andere wiederum setzen sich ins Straßencafé. Brauchen Sie eine bestimmte Umgebung um kreativ sein zu können?

 

Ich arbeite unheimlich gern im Team. Es ist von Vorteil einen Partner zu haben, der einen bestätigt und einem Gedankenbälle zuwirft. Oft verwerfe ich Zeilen wieder aus Unsicherheit, wenn ich zulange mit ihnen allein bin. 

Als Teenager sind Sie nach Hamburg gekommen, haben später an der Kunstakademie Malerei studiert. Abends sind Sie in die Musikszene eingetaucht. Ist die Malerei noch Thema in Ihrem Leben?
 

 

Diesen Blick auf die Welt habe ich nicht verloren, ich komme nur nicht mehr dazu, es auszuüben. Es fehlt mir oft die Ruhe und die Geduld. Mein Filter ist die Musik geworden. 

Lieben Sie die Stadt gleichermaßen, wie die Natur? Oder die Natur wie die Stadt? 

 

Es ist der perfekte Ausgleich, allerdings brauche ich die Stadt vielleicht ein kleines bisschen mehr.  

 

 

 

 

 

Ihr Musikstil ist besonders, wie auch Ihre zarte Stimme. Wie entstand diese Musikrichtung? 

 

Ich habe versucht einen eigenen Weg zu finden meine Muttersprache so sanft und weich wie möglich klingend zu machen. Der deutschen Sprache wird eine gewisse Härte nachgesagt. Mir war auch immer wichtig, dass meine Artikulation möglichst verständlich ist und natürlich authentisch und natürlich bleibt. 

Ihre Musik ist zeitlos und bewegt sich im Bereich des deutschen Chansons, Pop, aber auch Jazzschlager ('Kokettier' nicht mit mir'). In manchen Stücken sind auch Tangoklänge zu hören (‚kleine Zwischenfälle‘, ‚Fettnäpfchenhüpfen‘). Mögen Sie den Tango?
 

 

Der Tango ist ein guter Begleiter für eine Geschichte. Tango verdeutlicht die besondere Spannung zwischen Menschen, wie keine andere Musik. 

Ihre Musik, Ihre Texte gehen in die Tiefe. Behandeln oftmals Alltagssituationen. Situationen, mit denen sich Menschen täglich ‚herumschlagen‘. In Ihren Liedern machen Sie Mut, geben Kraft, drehen schlechte Gedanken und wandeln sie in Positives (‚Stell dir vor, dass unten oben ist‘) – Sie geben Hilfestellung. Ist Ihnen das ein Anliegen? 

 

Musik hat mein Leben immer begleitet, getröstet, aufgewühlt und gezähmt. Es wird niemals genug Lieder für bestimmte Momente geben. Jeder hat einen Soundtrack für sein Leben. Vielleicht sind ja ein paar von meinen Songs dabei.  

 

 

 

 

Sie haben eine ganz eigene Art Geschichten und Gefühle zu beschreiben ('Das Gefühl'). Einzigartig, wundervoll! Ihre Musik ist oft auch beschwingt und Ihre Texte sind mit ‚einem zwinkernden Auge‘ geschrieben. Ist Ihnen die gesunde Balance zwischen Fröhlichkeit und Tiefgründigkeit/Melancholie wichtig? 

Wir würden das glücklich sein wahrscheinlich nicht aushalten oder gar erkennen können, würde es nicht auch die andere Seite geben. Auf meinen Album versuche ich immer beide Welten zu bedienen. 
 

 

In Liedern geht es auch oft um die Liebe, das Verliebtsein, aber auch um Trennung – Themen, die immer berühren? 

 

Alles dreht sich um die Liebe. Sie ist ein Überlebenstrieb. Nicht nur das Atmen und das Essen und Trinken. Ohne Liebe würden wir innerlich verhungern.  

 

 

Nimmt beispielsweise eine unerfüllte Liebe (‚Der den ich will‘) einen besonderen Platz in unserem Leben ein? Sollte jeder auch eine unerfüllte Liebe haben? 

 

Aus schlechten Erfahrungen lernen wir Menschen leider meist mehr, als aus den guten und wir erinnern uns an die schlechten auch irgendwie länger. Das hat sicher einen Grund. Scheitern können ist wichtig und macht einen Menschen erst wirklich frei von so vielen unnützen Ängsten. Vielleicht wissen wir erst was gut ist, wenn wir wissen, was nicht gut für uns ist. 


Die Sehnsucht nach der ewigen Liebe. Sie erzählen von einer wundervollen Liebe zu Ihrer Mutter und Ihrer Großmutter. Was haben Ihnen diese beiden Frauen auf Ihren Lebensweg mitgegeben? 

 

Die Pflicht und die Kunst das Leben zu genießen. 

Wie wichtig ist es Ihnen, Ihren Traum zu leben? Sie selbst zu sein? (‚Das große Erwachen… und jetzt möchte ich, dass du mich liebst ganz genau so wie ich wirklich bin….‘) 

 

Das mit dem Selbstbewusstsein hat bei mir ne Weile gedauert. Das habe ich mir erarbeiten müssen. Ich werde wohl immer eine Aufgabe brauchen, um das kleine Loch zu stopfen, das sicher bei mir irgendwo vorhanden ist, eine Ausdrucksform, einen Filter für meine Realität.  

 

 

 

 

 

Sie haben sich mal als kleine Zigeunerin (einen Hippie) bezeichnet und erwähnt, dass es Ihnen wichtig ist, einen ‚Fluchtkoffer‘ zu besitzen. Sie binden sich nicht gern an Gegenstände? Sie lieben ein gewisses Maß an Freiheit?

 

Ich dachte immer, man müsste sich im Leben entscheiden und das hat mir immer Bauchschmerzen bereitet. Ich sehe das mittlerweile anders. Man kann ganz vieles im Leben sein, auch abwechselnd. Man darf stark sein und schwach, sicherheitsliebend in manchen Momenten und man muss den Drang nach Freiheit trotzdem nicht aufgeben. Wir sind alle wandelnde Wesen aus Halbwissen und Paradoxien und instinktiver Weisheit… wir können uns ruhig häufiger auf uns verlassen. 


In einem Interview sagten Sie: „Sich Sorgen machen ist komplette Zeitverschwendung“. Nach welchem Motto leben Sie?

 

„kleine Hunde beissen nicht“ ;))

 

 

Lieben Dank für das wundervolle Interview! Alles Liebe! 

 

 

 

 

 

Annett Louisan 

 

 

 

Aufgewachsen ist Annett Louisan in der ehemaligen DDR, in der kleinen Gemeinde Schönhausen an der Elbe. Dort, wo das Land flach und der Fluss breit ist, lebte sie bis zu ihrem zwölften Lebensjahr. „Dieser Ort hat meine Kindheit und damit mein ganzes Leben tief geprägt“, betont die Sängerin. „Alles hier war sehr überschaubar. Wir hatten kein Telefon, und auch viele Dinge, die uns heute völlig selbstverständlich erscheinen, gab es einfach nicht. Wenn ich mich mit Leuten unterhalte, die Jahrzehnte älter sind als ich, kommt es vor, dass wir viele Alltagserinnerungen gemeinsam haben.“ Aus heutiger Sicht wirkt diese Kindheit an der Elbe fast ein bisschen wie eine vergessene Erinnerung an das 19. Jahrhundert. „Es hatte was von Huckleberry Finn am Mississippi“, sagt Annett Louisan heute. „Und in Bismarcks Bibliothek bin ich zur Grundschule gegangen.“  

 

Mit zwölf Jahren zog sie mit ihrer Mutter stromabwärts, nach Hamburg. „Das war schon ein krasser Wechsel: vom Dorf in die Großstadt, vom Osten in den Westen“, erinnert sie sich. „Damals begann meine introvertierte Phase.“ Das Porträt der Künstlerin als junge Frau: Sie ist 17, malt und taucht immer tiefer in die ebenso legendäre wie lebendige Hamburger Musikszene ein. Deutschsprachiger HipHop war damals sehr prägend für sie. Es gab die klugen Songwriter der Hamburger Schule, es gab Udo Lindenberg oder Ulla Meinecke – und über der Stadt schwebte immer noch ein bisschen der Geist von The Beatles live at the Star Club. Hier, in Deutschlands musikalischem Schmelztiegel, hatte sich in den 1990ern eine höchst kreative Home Recording-Szene entwickelt. Und mittendrin: Annett Louisan.

 

Tagsüber studierte sie an der Kunstakademie Malerei, abends finanzierte sie ihr Studium beispielsweise als Backgroundsängerin für Popsongs oder Werbejingles. „Ich hatte schon immer eine sehr spezielle Stimme und eine saubere Artikulation, deswegen wurde ich gebucht.“ Doch längst arbeitete sie an einem eigenen musikalischen Konzept, einer Melange aus Pop und Chanson, die sie schließlich mit dem Textdichter und Produzenten Frank Ramondso verfeinerte, dass 2004 unter dem Titel „Bohème“ ihr erstes Album erscheinen konnte. Gleich die erste Single „Das Spiel“ erreichte Platz 5 der Charts – für Annett Louisan aus dem kleinen Schönhausen in der Altmark war dies der Beginn eines neuen Lebens und der Beginn einer großen Karriere.

 

Es folgten vier weitere Studioalben: „Unausgesprochen“(2005), „Das optimale Leben“ (2007), „Teilzeithippie“ (2008) und „In meiner Mitte“ (2011), diverse Singles und DVDs, darunter die DVD-Fassung von „In meiner Mitte“ mit einem großartigen, spektakulär unspektakulären „Küchenkonzert“. Und jetzt: „Zu viel Information“, Album Nummer sechs. 15 Songs mitten aus der zauberhaften Welt der Annett Louisan, die zeigen: Zehn Jahre nach ihrem Debüt gehört sie zu den prägenden Persönlichkeiten der deutschen Popmusik und gibt mit ihren Liedern immer wieder neue Impulse.

 

 

 

 

 

 

'Ein Konzert vermittelt Intimität und eine gewisse Aufregung zugleich'

Benyamin Nuss

 

 

Foto: Dieter Eikelpoth

 

 

 

Benyamin Nuss kommt am 20. Juni 1989 in Bergisch-Gladbach zur Welt. Bereits mit sechs Jahren bekommt er Klavierunterricht. Inspiriert und gefördert wird er dabei von seinem Vater, dem Posaunisten, Ludwig Nuss, und dessen Bruder Hubert, einem Pianisten. Beides international renommierte Jazzmusiker und Komponisten. So wächst Benyamin nicht nur mit Musik unterschiedlicher Genres auf, sondern macht Klassik und Jazz regelrecht zu seiner Passion. Als Zehnjähriger beginnt er, angeregt durch “Doctor gradus ad parnassum” aus “Children‘s Corner”, sich intensiv mit dessen Komponisten, Claude Debussy und bald auch mit dem Werk von Maurice Ravel zu befassen. Faszinieren ihn anfangs vor allem die Klangfarben und Harmonien der Impressionisten, so findet er bald mehr und mehr zu den Romantikern – Rachmaninow, Liszt und Chopin gehören noch heute zu seinen Lieblingskomponisten. Wie elegant und emotional er deren Musik verinnerlichte, beweisen auch die ersten Preise beim Bundeswettbewerb “Jugend musiziert”, beim Steinway Wettbewerb (2005), beim internationalen Wettbewerb “Prix d’amadeo de piano” (2006), sowie ein Stipendium der Hochbegabtenstiftung “Best of NRW”.

 

 

Interview mit Benyamin Nuss

Von Marion Graeber

10. März 2014 

 

 

 

Wie haben Sie als Kind Ihre Zeit am Piano empfunden?
 
Es war eine Entdeckung und Spielzeug zugleich. Ich versuchte, wie andere Kinder mit Bausteinen, Töne zusammen zu setzen und gleichzeitig konnte ich mich so richtig darauf austoben.

 

Ihre musikalische Ausbildung…

Mit sechs Jahren hatte ich das erste mal Unterricht, fing aber schon vorher an auf dem Klavier nach Klängen zu forschen und Emotionen aus zu drücken. Außerdem spielte ich schon jung, Melodien von Bach nach und konnte Count Basie Arrangements auswendig auf der Rückbank im Auto mit singen.
Seit 2008 studiere ich Klassik an der Musikhochschule Köln. Und Jazz hab ich mir weitest gehend autodidaktisch beigebracht. 
 

 

 

 

 

 

 

Was bedeutet Ihnen Musik? 

 

Ich lebe für die Musik!
 
Was treibt Sie an?
 

 

Ist schwer zu beschreiben. Es ist die Lust sich ständig weiter zu entwickeln, etwas Neues zu schaffen, den Leuten seine eigene Sprache zu vermitteln.
 
Ihre Lieblingskomponisten?
 

 

Gibt zu viele. Aber um einige zu nennen: Debussy, Bach, Strawinsky, Hamauzu, Valtonen...
 
Was empfinden Sie bei Klassik, Jazz oder Pop?
 

 

Musik ist Musik. Ich unterscheide nicht zwischen Genres. Wie Duke Ellington mal gesagt hat: Es gibt nur gute und schlechte Musik.

 
Ist es Ihnen ein Anliegen, die klassische Musik und den Jazz auch einem jüngeren Publikum näher zu bringen?


Mir ist es vor allem wichtig, junge Menschen wieder dazu zu bringen in Konzerte zu gehen. Ein Konzert vermittelt Intimität und eine gewisse Aufregung zugleich, die sich nicht mit Youtube und Co. vergleichen lässt.

 

 

 
Welche CD’s haben Sie bereits veröffentlicht?

2010 Nuss plays Uematsu
2012 Exotica (beides deutsche Grammophon)
2013 Masashi Hamauzu Klavierwerke (monomusik)
 
Sie sind viel gereist – einige Stationen...

Japan, China, Singapur, USA, England, Stockholm...

Mit welchen Orchestern haben Sie bereits gespielt? Mit welchen Musikern?


London Symphony Orchestra, Chicago Pops Orchestra, WDR Rundfunkorchester, Tokio Philharmonic Orchestra, Royal Stockholm Orchestra usw. ..

In der Klassik beispielsweise mit Rolando Villazon. Im Jazz mit dem Fries/Nuss Quartett natürlich und dann auch mit meinem Vater und John Goldsby im Trio. Mit Peter Weniger, Tobias Backhaus und Christian Kaphengst im Quintett mit meinem Vater..... Karolina Strassmayr.

 

 

 

Lieblingskompositionen/Songs aus den Bereichen Klassik und Jazz…

Wechselt monatlich.

Der Tango Nuevo von Astor Piazzolla ist in vielen Bereichen der klassischen Musik, aber auch dem Jazz nahe – haben Sie hier Berührungspunkte?
 
Piazolla hat mich schon immer fasziniert. Vor allem was er alles aus einem Tango herausholen kann.
 

 

Wo führt der Weg hin? Was sind die Ziele?
 
Kann ich noch nicht genau sagen. Ich habe noch viel Zeit darüber nach zu denken. Andererseits ist es vielleicht besser nicht darüber nach zu denken und zu gucken wie sich alles entwickelt.

 

 

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die Zukunft 

 

 

'Ich traue mich immer mehr

alles was ich bin  

zu sein'  

 

Fola Dada 

 

Foto: Marion Graeber

 

 

  

Ob Jazz-, Pop-, Klassik- oder Tangoklänge – Musik beflügelt uns. Sie lässt uns in wohlbekannte aber auch fremde Welten gleiten. Musik ist zum Träumen da, aber auch um Träume zu leben. Musik, die uns berührt, trifft uns mitten ins Herz. Mit ihrer Leidenschaft für Musik, ihrer warmen und wohlklingenden Stimme, zieht Fola Dada ihre Zuhörer und Zuschauer in ihren Bann. Ob fröhlich und beschwingt oder zärtlich und behutsam - die Sängerin vermittelt ihrem Publikum Emotionen und führt sie heraus aus dem Alltag und hinein in eine wundervolle, sinnliche Welt.

 

 

Interview mit Fola Dada

Von Marion Graeber

8. November 2013

 

Wie sind Sie zur Musik gekommen? Wie sind Sie aufgewachsen? Spielte Musik eine wichtige Rolle in Ihrer Familie?

 

Musik hat in meiner Familie immer eine wichtige Rolle gespielt. Meine deutsche Seite ist sehr musikalisch. Alles Sänger und Multiinstrumentalisten. Meine afrikanische Seite ist eher  Musik konsumierend. Tanzen und singen am liebsten den ganzen lieben langen Tag. Also, war es für mich als Kind ganz normal von singenden, musizierenden und tanzenden Menschen umgeben zu sein und deswegen vielleicht auch nicht so besonders selbst irgendwann zu tanzen und zu singen. Ich habe mit sieben Jahren das Stepp-Tanzen für mich entdeckt und dann eigentlich erst viel später das Singen und das ist dann ganz von alleine immer mehr geworden und hat am Ende das Tanzen abgelöst.

 

Welche Musikrichtung hörten Sie in Ihrer Kindheit und Jugend?

 

Das ging von klassischer Musik und Madrigalen singen über Blues, Reggae, R’n’B, Salsa, Afrobeat, Musik der Yoruba und anderer afrikanischer Länder wie Zaire (jetzt Kongo). Durch das Steppen kam ich zum Jazz  und je älter ich wurde desto mehr kamen HipHop und elektronische Musik dazu und alles was damit zusammen hing, Acid Jazz beispielsweise ....

 

Wie kam es zu Ihrer Liebe zum Jazz? Welche Jazzrichtung mögen Sie am liebsten?

 

Wie schon gesagt, alles fing mit dem Tanzen an. Ich habe die alten MGM-Musicals geliebt. Fred Astaire, Gene Kelly, Ginger Rogers, Frank Sinatra hatten und haben es mir angetan und ohne es wirklich zu wissen war ich umgeben von Jazz Standards und Big Band Jazz. Tja, und  somit habe ich mein Herz verloren an den Sound, an die Stories in den Songs, an den Drive und die Freiheit. Ich kann mich nicht auf eine Lieblingsrichtung festlegen, um ehrlich zu sein. Natürlich liebe ich schön erzählte Songs, genauso aber auch John Coltrane oder die Marty Paich Big Band. Jazz ist für mich stimmungsabhängig manchmal will ich verführt werden, manchmal beruhigt, manchmal möchte ich tanzen, manchmal gestreßt sein, manchmal weg geblasen werden...

 

 

 

Sie sind über den Tanz zum Gesang gekommen? Wie gestaltete sich diese Entwicklung?

 

Nun denn, ich wollte tanzen wie Fred und es gab in den frühen 80ern nur eine Anlaufstelle und das war die New York City Dance School und Ray Lynch. Dort habe ich das Bühnenleben in all seinen Facetten  kennen gelernt. Durch Musicalproduktion rückte das Singen näher und als dann in meinem Gymnasium eine Jazz AG gegründet wurde, habe ich als Sängerin mitgemacht. Und so kam eins zum anderen. Durch eine Musicalshow am Gymi wurde eine Comedy Gruppe, die 'Les Schneiders', auf mich aufmerksam und die örtliche Big Band. Nach einem Auftritt im Scala Ludwigsburg wollte dann eine Gruppe junger Musiker mit mir eine Band gründen. Das wurde dann meine erste eigene Band 'Solarstar'. Die Jungs in der Band studierten teilweise Jazz an der Hochschule und somit war das Interesse geweckt. Ich habe mir aber Zeit genommen bis zum Studium und schon  in diversen Bands gespielt bis ich dann die Aufnahmeprüfung gemacht habe. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon nicht mehr ganz so aktiv Tänzerin. Ich habe noch ein bißchen Steppen unterrichtet und dann irgendwann eine Pause zu Gunsten des Singens eingelegt. Seit diesem Jahr tanze ich sogar wieder. Ach das hat gefehlt...

 

Wann und wie haben Sie Ihre wundervolle Stimme entdeckt? Wie beschreiben Sie selbst Ihre Stimme? Was bedeutet Ihnen – singen -?

 

Oh, vielen Dank für dieses Kompliment. Hmm, nun entdeckt haben mich wohl andere. Ich habe einfach das getan was mir Spaß macht und ich habe mich vor allem um ein gutes Gefühl gekümmert. Ich kann nur gut sein, wenn ich von KollegenInnen umgeben bin, die ich fühle und daraus ergibt sich dann einfach Musik. Und im Idealfall berührende.  Das wiederum führte zu meinem Weg... Ich würde meine eigene Stimme als warm, weich, nicht schwarz, nicht weiß, tief, voll, in keine Schublade gehörend, einfach 'Fola' bezeichnen. Singen ist für mich Beruf und Berufung und ich würde es noch ein bisschen erweitern wollen. Die menschliche Stimme ist Faszination. Ich liebe es, sie zu benutzen und andere Stimmen kennen zu lernen. Also ist Singen einfach immer da.

  

Wann haben Sie begonnen in Bands zu singen? Wo sind Sie anfänglich aufgetreten?

 

Ich habe bei den 'Les Schneiders' als Nutella Schneider schwäbische Comedy vor allem auf privaten Festen gesungen und bei der High’n’Mighty BigBand klassische Big Band Literatur auf Festivals, Dorffesten.... Beides fand kurz nach dem Abi statt und war dann ab 1997.

 

Sie absolvierten ein Musikstudium in Mannheim –welche Beziehungen haben sich dort für Sie ergeben?

 

Meine Band 'Dada' besteht fast ausschließlich aus ehemaligen Kommilitonen.

 

Erzählen Sie von Ihrer Zeit als Vocal-Coach bei DSDS…Welche Erfahrungen konnten Sie dort gewinnen?

 

Meine wichtigste Lektion war: Sei wie Du bist, vertraue Deinem Instinkt und wenn es zu weh tut geh weiter. Nein im Ernst. Es waren gute Lehrjahre, natürlich vor allem als Lehrerin. Unter zeitlichem Druck mit ungeübten Sängern zu arbeiten ist sehr intensiv und man muss auf allerlei Ideen kommen um die Materie 'Gesang' an den Mann oder die Frau zu bringen. Die Fernseh-Branche ist eine Welt für sich auch dafür muss man eine Idee entwickeln - wie man ihr begegnen will.

 

War es der logische Weg nach der Zeit als Vocal-Coach eine eigene Gesangsschule für Stimme-Körper-Seele und Geist zu gründen?

 

Ich denke ja. Ich habe während der Fernseh-Zeit ja schon unterrichtet. Hier in Stuttgart bei Go Vocal, an  Hochschulen und Privat. Und ich hatte verstanden - Singen ist nicht nur die Stimme bedienen. Es ist so viel mehr. Die Gedanken und eigenen Ansprüche stehen im Raum, das Körpergedächtnis und die eigenen Streßreaktionen kommen dazu und dann natürlich noch der Umgang mit dem Instrument. Alles hängt zusammen und lässt sich nicht von einander abkoppeln. Somit habe ich meine Erfahrungen aus Tanzen, Alexander-Technik, Yoga, Feldenkrais, Meditation, Stimmbildung, Psychologie zusammengefaßt und ein Konzept für den Unterricht entwickelt, das sich noch immer weiter bewegt. Und natürlich stand auch der Wunsch dahinter, mein eigener Chef zu sein.

 

Erzählen Sie von Ihrer Arbeit bei 'Stimmwerk'....

 

Im 'Stimmwerk' treffen alle oben genannten Punkte zusammen. Der Schüler steht im Mittelpunkt und bekommt ein individuelles Training, das aus allen Facetten zusammen gestellt ist. Beim einen ist es mehr die reine Stimmbildung, beim anderen die Seele und beim dritten der Umgang mit dem Gedankenkarussell. Ich lege Wert darauf, dass sich unsere Arbeit immer weiter entwickelt. Ich selbst mache nebenher eine Coaching-Ausbildung, weil so viele Unterrichtsthemen in diesen Bereich fallen. Ich beschäftige mich ausführlich mit Yoga und versuche so immer am Ball zu bleiben und viele Wege parat zu haben um eine positive Entwicklung der Schüler zu fördern.  

 

Haben Sie Vorbilder oder ganz einfach Musiker(innen)/Sänger(innen), denen Sie gerne lauschen?

 

Oh, das ist eine schwierige Frage. Es gibt Bands und Künstler, die mich in bestimmten Lebensphasen begleitet haben, dazu gehören Bob Marley und Fela Kuti, Barbara Tucker und Shirley Horn, Incognito, Jamiroquai und Brand New Heavies, Kurt Elling und Beady Belle. Alles Künstler, die ihre eigene Note gefunden haben, aber vor allem mich im tiefsten Innern immer wieder zu Tränen rühren.

 

 

Welche Musik hören Sie privat?

 

Das hat sich tatsächlich nicht geändert: Brauche ich tiefe Kraft: Bob Marley. Für Inspiration: Neo Soul und wahnsinnig groovender R’n’B. Für Freiheit: House. Für Freude: Funk. Für die Verbindung zwischen Kopf und Herz: Jazz. Zum Lachen: Fela und Papa Wemba. Für Liebe: Soul....

 

Welche Projekte verfolgen Sie neben ‚Stimmwerk‘ derzeit? Wie hat sich Ihre Musik entwickelt?

 

Ich bin ganz klar Sängerin und Lehrerin. Ich stehe deswegen auf der Bühne mit den Bands Hattler, Bartmes, Dada, der SWR Big Band, dem Gitarristen Daniel Stelter und vielen tollen Bands. Und ich unterrichte an den Hochschulen Stuttgart, Nürnberg und Freiburg. Meine Musik hat sich mehr zu allem entwickelt. Ich lasse in meine Musik alles was ich bin einfließen, die rhythmische Auffassung aus dem House, das minimale Singen aus dem Jazz, den großen Stimmeinsatz aus dem Soul, zum Beispiel. Sprich,  ich traue mich immer mehr, alles was ich bin zu sein.

 

Wie wichtig ist Ihnen der Standort - Stuttgart? Wie ist die Jazzszene hier? Was mögen Sie an Stuttgart?

 

Ich liebe Stuttgart, das ist meine Stadt. Hier bin ich zu Hause, hier finde ich Ruhe und Inspiration und ich kann Freunde und Kollegen treffen und tolle Gespräche führen und natürlich auch Geld verdienen. Es gibt viele Möglichkeiten in der Umgebung und im Städle zu spielen und auch wenn ich selbst inzwischen mehr außerhalb spiele ist das heimische Publikum mir das liebste. Die Jazzszene ist bunt durchmischt, jung und alt befruchten sich und sorgen dafür, dass kein Stillstand entsteht. Eine tolle Basis, um Projekte zu starten, sich aus zu probieren und dann den Rest der Welt zu erobern...

 

In Workshops helfen Sie auch dem Nachwuchs auf ihrem musikalischen Weg. Wie wichtig ist Ihnen diese Arbeit?

 

Ich habe einen guten Draht zum Nachwuchs und ich glaube das liegt daran, dass ich von diesen jungen Menschen genauso viel lernen will, wie sie von mir. So, dass mich diese Arbeit nicht nur jung hält, sondern auch unglaublich viel Freude bringt, mich Dinge anders sehen läßt. Es begegnen mir neue Songs und ich bin jedesmal überrascht wie oft sehr junge Menschen schon wahnsinnig weit sind.

 

Sie singen englische und auch deutsche Songs. Was ist die jeweilige Besonderheit?

 

Ich benutze beide Sprachen um mich auszudrücken und Geschichten zu erzählen. Ich glaube, die Besonderheit liegt dann in der Auffassung des Publikums. Die Zuhörer fühlen sich manchmal überfordert, wenn sie alles verstehen, weil es deutsch ist, aber ich kann es nicht ändern - Geschichte bleibt Geschichte und Gefühle sind Sprachenlos...

 

Wem sind Sie auf Ihrem musikalischen Weg so begegnet? Welche Erfahrungen und Verbindungen haben sich ergeben?

 

Ich bin sehr vielen tollen Kollegen begegnet Katja Rieman, Lars Reichow, Joy Denalane, Max Herre und Max Greger, Marc Marshall, Peter Fessler und Jeff Cascaro. So vielen, dass es den Rahmen sprengen würde, alle auf zu zählen. Ich bin dankbar, für diese Begegnungen, denn jeder hat ein eigenes Lebensmodell und eine eigene Künstlerpersönlichkeit und das ist spannend, faszinierend und natürlich auch inspirierend.

 

 

Wie beschreiben Sie Ihre Zusammenarbeit mit Hellmut Hattler?

 

Hellmut ist in gewisser Weise ein Vorbild. “Tue nur das was Du willst und mache es gescheit. Hör dabei auf dein Herz und verschenke Dich nicht.“ Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Somit ist er ein Freund, Mentor, Kollege, Querdenker und ein Spaßvogel.

 

Wie würden Sie Ihr derzeitiges Leben als Sängerin beschreiben?

 

Zur Zeit gehen sehr viele Samen auf, was mein Leben recht schnell macht. Ich spiele fast nur noch eigene Musik, stehe nur noch wegen mir als 'Fola Dada' auf der Bühne und nicht mehr als lebendige Jukebox (was auch manchmal lustig ist). Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bekomme tolles Feedback von Kritikern und Schülern und das bestätigt meine Idee 'Tue nur was Du liebst, dann wird es auch gut'. Und ich denke das wird mein weiterer Weg. Ich übe mich im Erfolg annehmen und bin gespannt was als nächstes kommt. Eins ist klar, ich bleibe nicht gerne stehen also ist sich weiter zu bewegen meine Leidenschaft und Stress gibt es nicht, der Terminplan ist nur voll aber mit Spaß gefüllt...

 

Sie leben Ihren Traum? Gibt es weitere Wünsche und Ziele?

 

Nun denn,  ich habe den Wunsch noch lange dieses Leben führen zu können und meine ganzen musikalischen Babys wachsen zu sehen. Ich liebe was ich tue und würde mich immer wieder für diesen Weg entscheiden.

 

 

 

Liebsten Dank für das Interview. Alles Liebe!

 

 

  

 

 

 

Die JazzKultur Korntal-Münchingen besteht bereits seit zehn Jahren

Jazz vor den Toren Stuttgarts

 

 

 

Veit Hübner - Erster Vorsitzender JazzKultur Foto: Marion Graeber

 

 

 

 

Mit dem Raul Jaurena Trio pflegt JazzKultur die Verbindung zum Tango 

 

Carolina Jaurena/Andres Bravo Foto: Marion Graeber

 

 

Marion Graeber       

15. September 2013                                                          

 

Der Musik hat sich der Verein JazzKultur Korntal-Münchingen verschrieben. Die monatlichen

Konzerte in Korntal sind längst nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland zu einer festen Größe für die Freunde des Jazz geworden. Und auch die High'n Mighty Big Band unter der Leitung von Frank Kroll ist aus dem Kulturleben der Stadt vor den Toren Stuttgarts, nicht mehr wegzudenken.

 

Der Verein JazzKultur wurde im Januar 2003 von Sabine Keller, Peter Keller, Carina

Neuner-Jehle, Frank Kroll, Roland Hartmann, Bernd Hofmann und Oliver Vollmer gegründet. Allesamt hatten sie sich über die Big Band und das Jazz Festival von High’n Mighty kennen

gelernt. Ziel war die Förderung des High‘n Mighty - Jazz Festivals in Korntal sowie die

Nachwuchsförderung und spartenübergreifende kulturelle Veranstaltungen (Kunst und Jazz) zu organisieren. Neben Raul Jaurena, Richie Beirach, Sirius String Quartett, Joo Kraus (Echogewinner 2012), Fola Dada und Max Greger jr. sind mit Klaus Graf, Torsten Krill, Ralf Schmid, Andreas Maile und Gregor Hübner auch Baden-Württembergische Jazzpreisträger aufgetreten.

 

Der erste Vorsitzende des Vereins ist Veit Hübner. Angefangen hat Veit Hübners Engagement für die Musik in einer Schulband. Damals spielte er Cello. Schnell merkte er, das ihm dies zu wenig war. Er entschied sich dafür, Bass zu studieren. „Der Vorteil ist, dass man alles spielen kann. Der Bass ist das Fundament der Band. Das hat mich gereizt. Ich bin der erdige Typ, liebe die tiefen Frequenzen“, erzählt er. Veit Hübner, der seit vier Jahren an der Spitze des Vereins JazzKultur steht, studierte Orchestermusik und Jazz in Stuttgart und Karlsruhe sowie Jazz-Bass in New York. Außerdem war er Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes

und der Kunststiftung Baden-Württemberg. Im klassischen Bereich arbeitete Hübner unter anderem mit der Philharmonie Antwerpen und den Stuttgarter Philharmonikern. Er gewann Preise bei ‚Jugend jazzt‘, den Sonderpreis des SWF Baden-Baden, den Kulturpreis der Städte Ravensburg und Weingarten, sowie einen Preis beim internationalen Jazz-Kontrabass Wettbewerb in Capbreton/ Frankreich.

 

Im Jahre 2003 wurde er mit dem Jazzpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Mit dem Programm im Weinkeller des Korntaler Landschlosses möchte er der Vielfalt des Jazz gerecht werden. „Unser Musikprogramm soll die Menschen ansprechen“, betont er. Ob Swing, lateinamerikanischer Jazz oder Modern Jazz – Veit Hübner liebt besonders die melodischen Richtungen. Wichtig ist für Hübner die Förderung und Unterstützung der Jugendarbeit. „Wir müssen nach unserem zukünftigen Publikum schauen und es für den Jazz begeistern“, merkt er an. Mit Workshops führt er den Nachwuchs an die Musik. „Jazz ist nicht etwas, was man singt, spielt oder macht – Jazz, das ist eine Lebenseinstellung“, unterstreicht er.

 

„Wir haben schon eine große Jazzszene im Stuttgarter Raum. Haben Hochschulen, wo man Jazzmusiker ausbildet“, so Hübner. Doch der Jazz und seine Musiker würden generell zu wenig gefördert. Er freut sich über das treue Stammpublikum der JazzKultur. „Das in eine Bahn zu bringen, mit der Aussicht, dass man doch irgendwann auch angemessene Gagen zahlen kann, das ist ein Ziel von mir.“

 

 

 

 

 

Die Verbindung zum Tango - Raul Jaurena

 

 

Raul Jaurena Foto: Marion Graeber

 

 

  

 

Raul Jaurena gilt als Meister des Tango und ist einer der führenden Bandoneon Spieler weltweit. Seine Musik ist eine persönliche Hommage an seine Heimat Südamerika und seine Wahlheimat New York. Jaurena verbindet die traditionellen Wurzeln des Tangos und den Stil des Tango Nuevo von Astor Piazzolla. Er ist Träger des Grammy 2007, den er für das beste Tango-Album bekam. Das Raul Jaurena Trio setzt sich zusammen aus

 

Raul Jaurena - Bandoneon

Veit Hübner - Bass

Bobby Fischer - Klavier

 

Seit über zehn Jahren kennen sich die Ensemblemitglieder von vielen gemeinsamen Auftritten innerhalb der Gruppe "Tango Five" oder als Trio (Tangofriends). Die Verbindung zum Tango entstand für den Jazzmusiker, Veit Hübner über die Gründung von Tango Five. "Wir haben europäischen Tango gemacht. Aber der Jazz lief immer parallel", schildert Hübner. Irgendwann kam dann der Wunsch auf, eine argentinische Tangoplatte zu machen. "In meiner Zeit in New York habe ich jede Woche die Tangoshow von Raul Jaurena besucht. Und ich war begeistert. Die Show ging immer so bis zwei oder drei Uhr nachts. Eines Tages hab ich ihm eine Aufnahme von mir mitgebracht. Ich dachte mir, er kann ja nur 'ja' oder 'nein' sagen. Bereits um acht Uhr in der Frühe hat er mich aus dem Bett geklingelt", lächelt er. Im Herbst 1997 entstand dann die erste gemeinsame CD. "Seither spielen wir zusammen". Veit Hübner liebt am Tango wie auch am Jazz den Freiheitsgedanken. Die Auffassung, die Improvisation, das zieht sich beim Jazz und bei Astor Piazzollas Tango Nuevo durch die Musik. Auch Raul improvisiert sehr viel. Es ist diese Energie, die sich in beiden Musikrichtungen durchsetzt, die mich begeistert", erläutert er. Raul Jaurenas Tochter Carolina Jaurena und ihr Ehemann Andres Bravo treten zeitweise mit dem Trio auf. Das Tanzpaar ist zudem bei unzähligen Tango Festivals in den USA, Südamerika, Kanada und Europa zu Gast.